Radtour 2011

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Unsere Radtour für die DFG hat in diesem Jahr Herbert Runde organisiert, der seinerseits von mehreren Mitgliedern des Grevener Heimatsvereins unterstützt wurde. Beide Gruppen trafen sich in Gimbte und starteten die Tour mit einer kurzen Besichtigung der dortigen Kirche. Anschließend ging es in die Bockholter Berge.

Das Foto zeigt uns am Gedenkstein für Hermann Löns in der Nähe der Wacholder Heide. Herbert Runde und Paul Baumann erzählten uns aus dem Leben des einstigen Journalisten und Heimatdichters, welcher der Natur insbesondere, der kargen Variante als Heidelandschaft sehr verbunden war.

Anschließend gab es für die DFG einen kurzen Rundgang durch das eingezäumte Dünenareal, in dem eine alte Heide 'wiedergeboren wird'. Unterwegs hörten wir über das strapaziöse Engagement der Heideliebhaber, die einen Krieg gegen die dornigen Brombeersträucher führen müssen. Mein Blick umher machte auch klar, dass man noch nicht auf der Gewinnerseite stehe. Herr Runde zeigte uns noch prächtige Großfotos von den Bewohnern des Gebiets; ich erinnere mich jetzt nur noch an das ungewöhnlich blaue Federkleid eines Vogels und an eine glitzernde Eidechse - die letzte, weil ein Exemplar auch an meinen Füßen vorbeihuschte.

Als wir uns wieder zu den Grevenern gesellten, die die Fahrradwache am Löns-Gedenkstein hielten, intonierte Herr Bauman ein Lied des Dichters und viele von uns - mit Blick über die kopierten Blätter - sangen mit. Rosemarie Rose Marie, Rose Marie, Sieben Jahre mein Herz nach dir schrie, Rose Marie, Rose Marie, Aber du hörtest es nie ... Das Lied schien vielen eine Freude der Begegnung mit einem Splitter ihrer Kindheit geschenkt zu haben. Ich war wohl zu spät oder eher zu weit weg geboren, um etwas davon zu erhaschen, aber die Freude am gemeinsamen Singen lebt gewissermaßen außerhalb unserer Moden. Sichtlich beschwingt rollten unsere Fahrräder weiter.

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Unser nächstes Ziel: Industriedenkmal KÜ an einem stillgelegten Arm des Dortmund-Ems-Kanals. Hier trafen sich vor fast 120 Jahren die launische, nicht schiffbare Ems mit dem disziplingewöhnten DEK, ohne miteinander in Berührung zu kommen. Eine zeitweilige Vermählung der beiden gibt es allerdings im späteren Verlauf. Hier aber herrschte noch strickt berechnete Trennung - der Kanal nutzte die steinerne Brückenwanne, um die gern ausufernde Ems in sicherer Höhe zu überspringen. Allerdings hat man bei der ersten Planung das Industrialisierungstempo arg unterschätzt und bald wurde der nur 2,5m tiefe Aquädukt nicht tief genug für die wachsenden Schiffe, welche das Ruhrgebiet mit den Meeren verbanden. Daher hat man ein Stück weiter westlich eine neue Kanalüberführung gebaut. Eine Bombe während des letzten Krieges tat Übriges.

GimbteTour3klDas nunmehr ruhig stehende Gewässer des Kanalarms wurde noch jahrzehntelang von Münsteranern und Grevenern als Freibad genutzt, bis man es wegen der Baufälligkeit trockenlegte. Über die Restaurierung schweigen sich die leeren Kassen aus.

Den schönen Rastplatz für unser Rucksack-Picknick verdanken wir dem hierlang verlaufenden Ems-Radweg, was man an den Holztischen und -bänken leicht erkennen kann, wer der Route mal gefolgt war.

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Unsere nächste Station: Bocholter Bauerschaftskirche. Die kurzen Erläuterungen darüber habe ich leider verpasst. Im Internet gibt es auch nicht viel über das 60-jährige Kirchlein des St. Wendelin, das seine Existenz den Landwirten verdankt, welche 9 km zur nächsten Kirche in Greven im noch autolosen Zeitalter nicht gehen mochten. Da sie zahlenmäßig für eine Kirchengemeinde nicht in Frage kamen und daher mit wenig Unterstützung vonseiten der kirchlichen Institutionen auskommen mussten, trugen sie die ganze Last (oder eben Freude) der Errichtung, Ausstatung und Instandhaltung.

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Hier sind wir im Bockholter Kanalhafen. Diese zwei Fotos machte ich allerdings einen Tag später, als ich auf dem Weg nach Lengerich hierher geriet. Ich knipste sie, weil ich über das am Vortage Gehörte schmunzeln musste... Der DEK werde neuerdings mit EU-Mitteln ausgebaut aber eigentlich werde der Wasserweg recht wenig in Anspruch genommen. Die unberührte Wasserfläche, soweit das Auge reichte, schien den Worten Recht zu geben. Nun, die Radtour war am Sonntag. Als ich am Montag entlang des Kanals fuhr, hatte ich immer 2-3 Schiffe gleichzeitig im Blickfeld. Am Bockholter Kai stand sogar eines und es wurde Getreide auf LKWs verladen.

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Am Rande von Greven. Unsere Fahrräder können verschnaufen. Wir hocken auf dicken Holzbalken, welche die Grundmauernform der Vorburg des einstigen Schlossanlage Schöneflieth wiedergeben. Vor 800 Jahren hat hier ein Ritter eine Burg errichtet und für die Emsüberquerung Geld verlangt. Dies war wohl einträglicher als die Landwirtschaft auf sandigem Ackergrund. Die Kirche erklärte den Geschäftstüchtigen zum Raubritter und zerstörte sein Domizil. Anschließend baute sie an derselben Stelle eine größere Burg mit ähnlicher Aufgabe: eine Zollstation, wo man nicht nur für die Emsüberquerung zahlen musste, sondern auch für das Durchfahren der über Ems verkehrenden Fährbote. Vor 200 Jahren versiegte diese Einnahmequelle und die Burg verfiel. Die Ruine wollte niemand ersteigern. Das Schloss endete als 'Baumarkt" von einst und verschwand mit dem Verkauf der letzten Ziegelsteine und Balken an umliegende Bauern.

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Wir blieben noch eine ganze Weile länger an dem geschichtsträchtigen Ort und lauschten den Geschichten um Pluggen Hiärm, ein vor 100 Jahren verstorbenes Grevener Original. Leider reichte unsere Zeit nicht mehr, um zu seinem Denkmal zu fahren, aber Herr Bauman konnte uns aus einer Biografie über einige Taten des genialen Ingenieurs vorlesen und die passenden Fotos zeigen. Die Bewunderung für den Einfallsreichtum des ungebildeten Alkoholikers nutzte die Gelegenheit bei uns einzuziehen und zu zeigen, dass sie gar nicht gealtert ist, geschweige denn gestorben.

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Die Radtour führte uns zuletzt zum Museumshof Averkamp in Gimbte. Ein sehr lohnendes Ziel, das Freilichtmuseum in Münster kann da nicht mithalten. Der Bauernhof, voller noch warmer Spuren früheren Lebens bietet direkte Begegnung mit den Requisiten alter Zeit. Man steigt sozusagen in ein Zeitvehikel ein. Ohne Glasvitrinen, trennende Besucherketten und dergleichen - das Anfassen, in Bewegung setzen und ausprobieren sind erwünscht. Und das Haus nebst Gärten und Schuppen sind voll von Rätseln, die es zu entdecken und zu lösen gilt. Was mag das denn um Gotteswillen sein? Wie funktioniert diese Geburtshelfermaschine für Kälber? usw.

Josef Averkamp führte uns persönlich durch sein Haus. Er ist stolz auf die Geschichte seiner Familie, die diesen Hof 300 Jahre lang geführt hatte. Aber die Zeiten haben sich stark verändert. Die aktive Landwirtschaft könnte gegenwärtig den Unterhalt der Familie nicht mehr sichern. Vor eingen Jahren wurden also die landwirtschaftlichen Flächen verpachtet und die Hofgebäude in ein Museum verwandelt, nachdem Averkamps in ein neu errichtetes, Haus ausgezogen waren.

Im Biergarten wird noch ein kühles Gläschen geschwenkt, ein Lied zum Abschied gesungen und wir schwingen uns auf die Sattel, um die Heimfahrt anzutreten.

 

 

Der Tag war wirklich gelungen. DFG bedankt sich bei den Organisatoren!

 

Bericht und Fotos von A. Köttgen

 

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