Bericht: Alina Köttgen

DFG-'Wallfahrt' zu skulptur projekte münster 07

Zehn Personen folgten dem Ruf der Musen und trafen sich am 26. August im Foyer des Landesmuseum, wo sie schon Anja Rohlf erwartet hatte. Nach ihrer kurzen Einführung über die Ausstellung und ihren Archivschatz der letzten 30 Jahre gingen wir gleich nach draußen.

 

Skulptur Nr. 02 war den meisten vom Stadtgespräch her bekannt. Ich will hier nicht alle Einzelheiten ausbreiten und empfehle dem interessierten Leser einen Seitensprung zu meinem ausführlichen Ausstellungsbericht, wo sämtliche Kunstwerke in Bild und Wort vorgerstellt werden.

Die Medien-Diskussion, ob die WC-Anlage von Peter Feldmann als Kunstwerk gelten dürfe, wurde in unserem Kreise lebhaft fortgesetzt. Ohne schlüssiges Ergebnis natürlich ...

Nach der Besichtigung des Örtchens unter dem Domplatz war die Skulptur 04 dran: Aequivalenz oder Zerschmetterte Steine von Gustav Metzger. Über die Vorgeschichte kann im Seitenblick nachgelesen werden. Wir stehen hier nur wenige Schritte von dem WC entfernt, Anja erzählt uns über den Kitzel unter den Eingeweihten, wenn morgens der Gabelstaplerfahrer mit seinem neuen Haufen Steine in die Stadt losfahre. Die jeweilige Adresse hat ihm der Zufallsgenerator eines Computers genannt, wo der Künstler alle 100 Adressen nebst Skizzen zur Aufstellung der Steine gespeichert hatte.

Vom Domplatz gehen wir weiter zum Prinzipalmarkt und begegenen dort unter den Arkaden den nächsten Steinen. Nach zwei Monaten Ausstellungszeit liegt ja schon eine ganze Menge in der Stadt herum. Die Münsteraner schmunzeln über die zweite Bombardierung ...

 

Kurz vor der Lambertikirche erzählt uns die Blume für Münster von Marco Lehanka eine Computerstory - eine lange Todes-Kette, die kein Grauen zu erwecken vermag. Die Blume kennt inzwischer fast jeder, also halten wir uns hier nicht lange auf.

Wer mehr über die Blume wissen möchte: Seitenblick

Am Café Kleimann erzählt uns Anja über das romantische Glockenprojekt der kalifornischen Künstlerin Pae White. Außer den Glocken gibt es nämlich die amerikanischen Imbiss-Trucks zu sehen - sie stehem im Schaufenster des Cafés, drei Modelle aus Marzipan. Daneben, in Kartönchen verpackt, gibt es verschieden belegte Taccos zu kaufen - auch aus Marzipan.

Zur richtigen Zeit stehen wir dann auf der anderen Seite der Lambertikirche und hören uns die kalifornische Melodie an, die uns jetzt das Glockenspiel aus Meißner Porzellan liefert. ___ /Seitenblick/

Hinter unserem Rücken wartet auch schon das nächste Werk. Die Kopie des Bambuswaldes aus dem Botanischen Garten hinterm Schloss. Wir gehen gebückt durchs Grün und ... ziehen zu weiteren Teilen des Kunstbeitrags von Martha Rosler. Vor die Stadtbücherei postierte sie Kopien der Käfige der Wiedertäufer. Die Glasfassade nutzt sie als Schaukasten für ihre Geschichts interpretationen und Mahnungen. Man merkt's - ich konnte Roslers Werk nichts abgewinnen.

Nächste Station: Erbdrostenhof in der Salzstraße. Skulptur Nr. 12 wurde von Andreas Siekmann geschaffen. Ein betont sozialkritischer Beitrag. Die Müllkugel und die Piktogramm-Bahnen mahnen vor dem Ausverkauf des öffentlichen Raums. Der Künstler hat keine Vertrauen, dass private Hand wohlwollend wirken könnte; die Sicherheit sei auf den öffentlichen (gemeinschaftlichen) Raum angewiesen.

Für die sorgfältig ausgearbeiteten Piktogrammerklärungen über das Ausmaß der Gefahr zegt niemand von unserer Gruppe besonderes Interesse - ein streifender Blick und wir gehen weiter.

 

Silke Wagner hat ihre Skulptur (Nr. 13) Münsters Geschichte von unten genannt. Auch sie gehört in die Reihen der sozialkritischen Künstler. Die Form der Litfasssäule gedenkt an Paul Wulf, einen münsterischen Kämpfer um Gerechtigkeit für Opfer des Machtmissbrauchs der Behörden.

In den ersten Wochen war die Säule auch mit Material über das Leben dieses Naziopfers beklebt. Später war Wulf von Materialien über verschiedene Protestaktionen der Münsteraner ummantelt. Die Litfasssäule dient als Vitrine eines umfangreichen, bislang unveröffentlichten Archivs der Sozialen Bewegungen in der Stadt.

 

Das Modell für ein Museum von Thomas Schütte. Nur wenige Meter von den berühmten Kirschen, die er 1987 an diesem Platz installierte.

Der gläserne Sarg über dem Brunnen sei dabei nur eine Tragekonstruktion, eine Art Tisch für die Präsentation des Modells, das der Künstler seit vielen Jahren bereits leicht varierend ausstellt.

Die Münsteraner mögen die seitlichen Bänke und scheren sich wenig um die Rätsel des Kunstwerkes ... /Seitenblick/

Von den vielen Kunstwerken der Skulpturen-Ausstellung haben wir erst wenige gesehen und doch waren die zwei Stunden für den Rundgang fast schon um. Wir gingen noch schnell am Roslers Adler vorbei und blieben kurz im momentanen Münsters Mittelpunkt stehen ...

Mark Wallinger hat sich für skulpturen projekte münster 07 etwas ganz Feines einfallen lassen ... Eine Zone in der Stadt, die von einer dünnen Nylonschnur umrissen wird. Fünf Kilometer weißen Anglerfadens - aufgehängt in 4,5 Meter Höhe - waren nötig, um eine Zone der besonderen Freiheit zu schaffen. Die Idee für diesen Freiraum lieferte dem Künstler eine Tradition aus dem Tamud: Eruv - Stadtbezirk wo die Sabbatverbote ihre Gültigkeit verloren. Weiteres dazu im Seitenblick.

Zeit für eine Wanderung entlang des Fadens hatten wir natürlich nicht. Dazu wären zumindest 4 Stunden nötig!. Wir stellten uns einfach um die Markierung des Zentrums jenes magischen Kreises. Und wer den ganzen Kreis sehen möchte, fahre bitte mit der Maus über das Foto ... und gehe in die Stadt los. Nur noch bis zum Ende des Monats ... Viel Spaß!