Auf nach Berlin ...

28.04.-01.05.2006

Unsere Vorsitzende, Inge und ihre Stellvertreterin Helga können nun aufatmen - die von langer Hand geplante Reise zur französischen Botschaft in Berlin startet pünktlich (siehe Uhrzeitangabe, wenn Helga die Teilnehmerliste vorliest) und der Bus platzt vor Vorfreude. Diese wird mit Ablauf jeder weiteren Stunde etwas müder, denn wir waten acht Stunden durch ein Meer von Autobahnstaus. Der erste Abend in Berlin wird also sehr kurz ausfallen und niemand hat Lust, mehr als das Foyer des Estrell-Hotels zu erkunden und gleich schlafen zu gehen. Und zwar voller Vorfreude auf den nächsten Tag in der französischen Botschaft. Wir wurden ja von dem Botschafter Monsieur Claude Martin eingeladen, und er will uns auch persönlich in seiner neuen Residenz begrüßen ...

Der nächste Tag bemüht sich von Anfang an, unsere Laune auf ein angemessenes Niveau zu heben. Der Zeitplan bot auch genug Raum für ausgedehnten Genuss in der Frühstücks-Oase des Hotels.

Bald eilten aber alle zum Bus hinaus. Meine freudige Aufbruchs-Stimmung (Foto rechts) hat Herr Hilgert (Fotograf mit roter Jacke auf dem von mir geschossenen Foto links) in seine Fotokamera eingefangen. Sein Porträtier-Talent wird in meinem Bericht noch häufiger bezeugt.

Nun geht's los! Unser Ziel liegt genau im Herzen der Stadt: Pariser Platz am Brandenburger Tor. Das Wetter ist uns noch wohlgesonnen, aber es schickt sich leider an, den Samstag zum Wäschetag zu machen.

Der einsetzende Nieselregen verhindert unser Fotoshooting der Botschafts-Fassade. Das Haus-Antlitz mit den faszinierenden Augen musste ich mir später aus dem Internet besorgen. (Diese Fenster haben's mir angetan ... sie inspirierten auch mein Bild des Tages, das ich gleich nach der Reise gemalt habe - der Seitenblick dahin )

Zunächst geht es zum Seiteneingang, wo uns die Routineprozedur erwartet. Eine Selbstverständlichkeit, die keiner eines Fotos für würdig hielt. Und dann zückte ich plötzlich doch noch die Kamera aus der Tasche. Pardon - derart verwackelte Fotos pflege ich normalerweise zu löschen, aber hier machte ich eine Ausnahme, denn es ist die einzige Spur eines Augenblickes voller Spannung ... ob die modernste Sicherheitstechnik es doch noch herausbekommen würde, womit Herr Hilgert den Botschaftsfrieden bedrohe? Die Schlüssel vielleicht? Nein. Das Portemonai? Nein. Der Kuli, der Fotoapparat, das Handy, der Regenschirm ..? Der Sensor piepte voller Freude unaufhörlich, bis das Misstrauen des Kontrolleurs unter dem Teppich seiner Verlegenheit restlos verschwand. Was haben wir gelacht ...

Und nun sind alle Gäste in der Botschaft. Der gepflasterte Gang hier heißt Rue de France. Der Kultur-Attaché Monsieur Rabeauld sondiert den Sprachstand in der Gruppe und begrüßt uns in schönem Deutsch (Nicht alle unter uns hätten einer Rede auf Französisch folgen können.) Anschließend übergibt er das Wort an Madame Legrand, die für Führungen durch das Haus zuständig ist. Wir hören etwas über die Geschichte des ursprünglichen Botschaftsgebäudes, das Opfer des Kalten Krieges wurde, denn genau hier verlief ja die Sektorengrenze und der Ort wurde der Überschaubarkeit wegen einfach planiert.

Erst nach der Deutschlandvereinigung konnte der alte Faden der französischen Präsenz am Brandenburger Tor weitergewebt werden. Das Ergebnis konnten wir nunmehr bestaunen.

Die Architekten mussten nämlich eine äußert komplizierte Herausforderung meistern. Das schmale L-förmige Grundstück befand sich sozusagen in der Kluft zwischen extrem hochgebauten Nachbarn und die neue Botschaft sollte sich zwischen deren Fassaden harmonisch einfügen - hieß die Parole der Berliner Bauaufsichtsbehörde.

Der knappe Raum musste unter allerlei Aufgaben aufgeteilt werden, denn die Botschaft soll nicht nur der angemessene Wohn- und Empfangssitz des diplomatischen Vertreters Frankreichs in Deutschland sein, sondern auch Arbeitsplatz vieler Angestellter, die gut ausgestattete Büros brauchen, wo sie an dem Netz der Kontakte zwischen den beiden Ländern knüpfen und auch die in Deutschland lebenden Landsleute konsularisch betreuen können.

Am Anfang folgte man noch dem Gedanken eines bürgernahen Begegnungsortes innerhalb der Botschaft; also eine allen zugängliche Mediothek im untersten Garten der Botschaft (ihre einem Bücherregal nachempfundene Fassade spiegelt sich im Fenster rechts), ein Skulpturengarten im Innenhof, Bistro Café Voltaire, ein Studiokino etc. Dieser Offenheit Schluss datiert auf 11. September 2001 ... der Tag des Attentats auf das World Trade Center in New York.

Der unterste der drei Gärten der Botschaft - der Skulpturenhof. Als eine wunderschöne Bühne für eine Begegnung mit der Kunst gedacht ... Es tut schon leid, dass der Hof seine Funktion verloren hat. Für einen kurzen Augenblick biete ich an, den Zustand zu ändern. Ein kleines Späßchen der verspielten Alina ... Damit die Podeste nicht nur die Bürde der Angstbedenken tragen, habe ich da eine Skulpturen-Austellung eingerichtet ... Ohne die Sicherheitsauflagen zu verletzen - wohlgemerkt. Internet macht's möglich. Wer meine 'Keramik-Ausstellung' Masken-Parade sehen möchte, fahre bitte mit der Maus in den Garten hinein ...

Hier sind wir bereits im ersten Stock des Botschaftskomplexes. Dass die kleine Parkanlage Englischer Hof getauft wurde, dürfte niemanden wundern. Rechts von uns: die Empfangssalons der Botschaft, links der Speisesaal und Verwaltungsräume, unten ... ein Auditorium für Kunstdarbietungen, Kino, Vorträge, Präsentationen oder einfach Diskussionsforen.

Der Gebäudeflügel links bietet auf seinem Dach Raum für den dritten 'Garten', den Philosophenweg - ein Pfad von Weingittern und zierlichen Bäumen gesäumt. Der späte Frühling in diesem Jahr scheint sich hier noch viel Zeit zu lassen.

Et voilà - die Salons für Gala-Empfänge. Mit weitem Blick auf den Pariser Platz und viel Licht aus dem eben gesehenen Garten im Innenhof links. Die Architekten rundeten das Lichter-Festival mit dezenter Bestrahlung aus meist unsichtbaren Quellen. Entstanden ist ein Wunder an Leichtigkeit und stiller Weite.

Ich konnte kaum die Augen davon lösen, während die Gruppe ihre Nasen an den Fensterscheiben plattdrückte, um dem bunten Treiben vor dem Brandenburger Tor zuzuschauen. Das erlaubte mir den Raumgeist ohne das Gästegewimmel festzuhalten.

Plötzlich stand der Gastgeber persönlich mitten im Salon - Monsieur Claude Martin.

Herzliche Begrüßung. Kurze Rede über die wichtigste Kunst im Menschenleben, nämlich die der Kontaktanbahnung und -pflege. Auf vielen, vielen Niveaus - ob zwischen den Institutionen, Verwaltungen, Vereinen, gesellschaftlich aktiven Persönlichkeiten usw. Als Monsieur Martin unser Gast in Münster war und seine Rede im Rathaussaal hielt, bot Französisch die Brücke für die Verständigung mit dem Publikum. Hier ... brillierte das exzellente Deutsch des Botschafters. Wer hätte das gedacht ...

Dann war die DFG dran. Mit unserem Dank für die Einladung und mit dem Gastgeschenk. Ein Korb mit kulinarischen Spezialitäten unserer Region (Inge hat sich umgehört, wer das Beste zu bieten habe und pilgerte von einem Bauernhof zum anderen, damit nur Echtes in den Korb hineinkomme.) Und in der grünen Mappe ruhen Faximile historischer Dokumente über die napoleonische Säkularisation im Münsterland.

Der routinierte Diplomat wusste sofort, dass so ein Augenblick eines Fotos harrt. Ich war aber bei weitem nicht so gelassen wie Herr Martin und kämpfte gegen die Macken der uralten Kamera an - das Ergebnis ... wieder verwackelt. Sch..!

Kaum verklang das letzte Wort des offiziellen Teils und schon kredenzten livrierte Mitarbeiter, was die Seele eines Gastes begehren mag. Champagner, Wein, Säfte und ... eine endlose Parade der Tabletts mit Hors d'oeuvres. Die Anzahl der Mitarbeiter, die unseretwegen kein freies Wochenende hatten, flößte mir Ehrfurcht vor der Geste unseres Gastgebers ein. Soviel Respekterweisung für einen Hobbistenverein aus irgendwo in Westfalen hatte niemand von uns für möglich gehalten.

Zeit für gelassenen Austausch mit Gläschen in der Hand. Herr Martin hatte ein offenes Ohr für jedwede Frage und genoß ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Gäste in der Nähe.

Die Grüppchen formierten sich immer wieder neu, mal groß, dann wieder übersichtlich klein. Unsere Themen mieden weltmännische Bereiche; wir sind ja keine Politiker - wir sind Bürger ... mit Liebe zum Französischen - nicht mehr und nicht weniger.

Sehr schöne Gespräche ergaben sich auch mit Monsieur Rabeauld, der für die Förderung des kulturellen Austauschs zwischen unseren Ländern zuständig ist und viiiel zu tun hat. Er erzählte mir, dass sein Ressort das größte in der Botschaft sei, und das fand ich einfach grandios. Nicht Juristen, nicht Wirtschaftsleute sondern die Kulturvermittler genießen den Vorrang - welch humanistischer Ansatz! Wenn Menschen aus Frankreich und Deutschland ihren Kontakt miteinander mehr im feinen Bereich der Kultur knüpfen und pflegen, werden ihre Beziehungen auch im alltäglichen, wirtschaftlichen, politischen Kontakt gewiss auf anderem Fundament stehen .... - na ja, so denke ich zumindest, selbst Malerin ...

Ich war auch erstaunt vom Kultur-Attaché zu hören, dass es in Frankreich ein Gesetz gebe, welches dem öffentlichen Sektor vorschreibe, mindestens 1% des Baukostenvolumens für Kunstwerke auszugeben - egal, ob es ein Amtsgebäude sei oder einfacher Kindergarten. Ach deswegen ..! Diese Kunstpräsenz ist mir in Frankreich schon immer aufgefallen, aber ich wusste nicht um den politischen Hintergrund.

Langsam fand sich die ganze Gesellschaft in der schönen Bibliothek am Ende der Salonflucht ein. Und die Stimmung ... stimmte nach wie vor...

Nun hieß es auf einmal: Husch, husch! Auf der Spree wartet ein gebuchtes Schiff auf uns.

Die jungen Autogramm-Jägerinnen nutzen noch schnell den Augenblick. Und Andreas steht noch (am linken Rand im Bild) mit seinem Mikro aufnahmebereit und hofft auf ein schönes Interview für die DFG-Radiosendung. Die Fragen haben wir alle während der langen Stunden auf der Autobahn gesammelt.

(Radiohörer aufgepasst - am 4. Juni ist es soweit! - Näheres im DFG-Kalender)

Letzte Aufstellung ! Das Gruppenbild mit ... glücklichen Gesichtern! Was für ein Tag!

Auf Wiedersehen! Und vielen Dank! An alle Mitarbeiter der Botschaft, die uns dieses Erlebnis ermöglicht haben.

 

Kleiner Reflex dieser Begegnung in der Münsteraner Presse

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- Alina Köttgen -

 

Bericht über den weiteren Verlauf unseres Aufenthaltes in Berlin auf der nächsten Seite ...