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Ethik zum Essen



Hoch über Münster, im Gruppenraum des neuen Gesundheitshauses, fand am Freitag, den 12.11.1999, ein recht ungewöhnliches Seminar statt. Der weite Blick über das nächtliche Treiben in der beleuchteten nördlichen Innenstadt bot ein passendes Ambiente für einen kulinarisch-philosophischen Abend, zu dem die Volkshochschule Münster und das Forschungs- und Bildungsinstitut ARGOS e.V. eingeladen hatten. Beim Seminar „Ethik zum Essen“ begrüßte Mechthild Bedenbecker-Busch von der VHS bei Kerzenlicht zwanzig Personen zu einem viergängigen vegetarischen Menü mit einigen philosophisch-ethischen Betrachtungen zum Thema Vegetarismus als intellektuelle Zwischenmahlzeit. Diese ungewöhnliche Form sei mit Bedacht gewählt worden, erklärte Matthias Kayß von ARGOS. Schließlich sei eine Diskussion über die Ernährung, wie die Erfahrung lehre, eine eher heikle Angelegenheit. In den meisten Fällen seien die Fronten zwischen Vegetariern und Fleischessern allzu schnell derart verhärtet, dass ein Austausch von Argumenten gar nicht mehr möglich sei.

Davon konnte an diesem Abend allerdings keine Rede sein. Der Moralphilosoph Johann S. Ach schaffte mit der Rezitation einer Szene aus dem Kinder- Kinohit „Schweinchen Babe“ sogar einen eher heiter-satirischen Rahmen für die entscheidende Frage, ob es ethisch erlaubt sei, Tiere ohne Not zu töten. Gleichwohl präsentierte Ach klare moralische Argumente gegen den Verzehr derjenigen Tiere, die sich durch spezielle Eigenschaften und Fähigkeiten auszeichneten. Wollen wir uns nicht dem Vorwurf aussetzen, unhaltbare Doppelstandards bei der Behandlung von menschlichen und nicht-menschlichen Tieren anzuwenden, müssten wir Schlachtungen in den meisten Fällen ablehnen. Dem erklärten Vorwurf einiger tierischer Protagonisten im besagten Kinderfilm, die Bäuerin sei trotz ihrer Freundlichkeit schließlich auch nur eine Massenmörderin, müsse aus moralphilosophischer Sicht leider zugestimmt werden.

Doch auch wer sich diesem recht provozierenden Urteil des Philosophen selbst nach der folgenden Diskussion nicht anschließen konnte, wurde immerhin mit einem lukullischen Hochgenuss aus kompetenter Hand entschädigt. Hubertus Pliester, aktives Mitglied bei „slow-food“ Münster, sorgte vom gebackenen Ziegenkäse mit Rucola, über die Gelbe Paprikacremesuppe und das Gemüserisotto, bis hin zum Pistazien-Mandel-Parfait für überaus zufriedene Gesichter bei allen Anwesenden, und das weit über den Blick über das nächtliche Münster hinaus.

Matthias Kayß

 

Kneipenphilosophie

„Fahren, Fahren, Fahren ...“




Am 9. Juni 1999 war es endlich soweit: Die Münsteraner Kneipenphilosophie in der Weinstube "Joducus" ging in ihre zweite Saison. Christa Runtenberg und Johann S. Ach, welche die Reihe 1998 mit drei überaus erfolgreichen Veranstaltungen - zum Lebensrecht von Tamagotchis sowie über den Untergangsmythos der Titanic und den Nußeckenbarden Guildo Horn - auf den Weg gebracht hatten, wurden von Bodo Kensmann in äußerst gelungener Form abgelöst.

Der leidenschaftliche Motorradfahrer Kensmann hatte sich dafür kein geringeres Ziel gesetzt als die umfassende Grundlegung einer philosophischen Theorie des Motorradfahrens: den „Motocyclismus“. Kensmann siedelte den praktizierenden Motocyclisten ins Zentrum des breiten Spektrums motorisierter Zweiradfahrerei an: zwischen dem Rollerfahrer einerseits, der mit den aufwendigen Verkleidungen seines Gefährts in allzu weiter Distanz zur elementaren Erfahrung des Fahrens vor allem eines will: ans Ziel gelangen (am besten ins nächstgelegene Café!), und den häufig äußerlich auf Provokation setzenden Biker andererseits, dessen bevorzugte, fast liegende Sitzhaltung es kaum zulasse, auf seiner Harley-Davidson ein Fahrgefühl zu erleben, das für den Motocyclisten wesentlich sei. Darin aber, so Kensmann, liege die eigentliche Qualität des Motorradfahrens: im perfekten Zusammenspiel der Elemente - die Sinne nah auf der Fahrbahn, den Wind im Gesicht, dem Regenwetter trotzend und das Feuer zwischen den Schenkeln. So verfolge der Motocyclist auch keinen Zweck in seinem Tun. Es gehöre zur philosophischen Tiefe der Erfahrung des Motocyclisten, daß der Zweck im Fahren selbst liege und nicht in irgendeiner Art der funktionalen Unterordnung des motorisierten Zweiradfahrens.

Mit großer Überzeugungskraft begründete Kensmann seine philosophischen Thesen und verteidigte sie in der anschließenden Diskussion gegenüber den scharfsinnigen Einwänden engagierter Kritikern und Kritikerinnen aus dem interessierten wie geneigten Publikum. So wurde auch die vierte Kneipenphilosophie ein rundum gelungener Abend mit ebensoviel philosophischen wie amüsanten Diskussionen.

Matthias Kayß


 

Institut für gesellschaftswissenschaftliche Studien, praktische Philosophie und Bildung argos e.V

TEXT & BILD

Kneipenphilosophie
Sklaverei der romantischen Liebe



„So stark das Gefühl, so gefüllt ist der Saal!“ Jene Weisheit sollte sich auch am Donnerstag, den 26.August 1999 in der Weinstube Joducus erfüllen. Nicht Geringeres als die „Sklaverei der romantischen Liebe“ war das Thema der fünften Kneipenphilosophie des argos-Institutes, und der Veranstaltungsort war demgemäß schon eine Viertelstunde vor Beginn bis auf den letzten Platz besetzt. Gerade diese drangvolle Enge in so wohliger Atmosphäre machte die Kernthese des Vortrages von Susanne Boshammer für alle Anwesenden sinnlich erfahrbar. Die romantische Liebe einerseits und die selbstbestimmte Freiheit des Einzelnen andererseits, diese beiden Lebensideale seien miteinander unvereinbar und daher zusammen nicht zu haben. Diese provokante Aussage belegte die Philosophin überaus eloquent sowohl mit Referenzen aus der eigenen Lebenserfahrung als auch anhand berühmter Liebesromanzen aus der Zeit- und Literaturgeschichte.
Für die einen, so Boshammer, liege im mittelalterlichen Mythos von Tristan und Isolde oder im poetischen Drama von Romeo und Julia die ideale Vorstellung von Liebe, für die anderen hingegen seien Richard Geere und Julia Roberts im Hollywoodfilm „Pretty Woman“ oder „Jack und Rose“ aus dem jüngsten Titanic-Filmepos das Liebespaar schlechthin. Für alle diese Romanzen aber gelte: sie folgen letztlich dem Leitbild der ewigen, schicksalhaften und romantischen Liebe. „Wir sind ein Leib und ein Leben! Und wir können nicht anders!“, so riefen Verliebte seit Jahrhunderten durch romantische Vollmondnächte, ohne sich der Konsequenzen ihrer Hingabe voll bewusst zu sein. Das romantische Liebesideal widerspreche nämlich, wie die Referentin ausführte, dem uns so lieb und teuren Ideal der individuellen Freiheit. Wie Häftlinge, Süchtige oder Flüchtlinge, so litten auch die romantisch Liebenden an einem Mangel an gleichwertigen Handlungsalternativen; bei ihnen jedoch führe dieser Zustand schließlich zu einer kritiklosen Idealisierung des Partners. Liebe sei wie ein Suchtstoff, so die Philosophin, von dem die ihm verfallenen Menschen nicht selten erst dann befreit wären, wenn es zu spät ist: in der Stunde des Todes. Auch dies lasse sich eindeutig an den ergreifenden Finalen der großen dramatischen Liebesklassiker aufzeigen.
Bei aller notwendigen „Ent-täuschung“ über die große hingebungsvolle Liebe, warnte Susanne Boshammer aber auch eindringlich davor, der romantischen Liebe gänzlich den Laufpaß zu geben. Ein vollständiger Entzug zugunsten der individuellen Freiheit sei ebenfalls mit fatalen Folgen verbunden: Allein und in Freiheit hat schließlich noch niemand eine echte romantische Liebesnacht verbracht!

Matthias Kayß

 


Texte



TAB-Gutachten zur Genetischen Diagnostik:
1999-ARGOS-Gutachten-Genetische_Diagnostik.pdf
Weitere Informationen dazu unter Projekte



"Die schweigsame Solidarität der Bekennenden" ( schwsol.pdf )

Zur Diskussion um die Vergeltungsmaßnahmen der USA nach dem 11.September 2001. Von Matthias Kayß (Upload am 26-Sep-2001).



"Sofies Welt" an der Volkshochschule ( sofiewlt.pdf )
Ein Erfahrungsbericht von Johann S. Ach (Upload am 06-Aug-2001).



Rundbriefe des ARGOS-Instituts (Upload am 06-Sep-1999)

  1. Aufzählungszeichen Januar 1998 ( argos1-98.pdf )

  2. Aufzählungszeichen Januar 1999 ( argos1-99.pdf )


 

Letzte Aktualisierung: 10. August 2011