Oh, wie schön ist Siebenbürgen!
Ein Beitrag zu unserem vorerst letzten Kinderferienlager
Die Sonne steigt langsam hinter den nebelverhangenen Karpaten hervor. Auf den kurvigen Serpentinenstraßen fährt ein roter Transporter mit einem deutschen Kennzeichen.
Alle, die in dem Fahrzeug sitzen, sind müde. Die Fahrt von Dresden aus war lang und kräftezehrend. Aber meine Augen wollen nicht zufallen.
Die wunderschöne Landschaft, die sich vor mir ausbreitet, lässt das einfach nicht zu.
Die Obstbäume sind so vollgehangen, dass sich die Äste unter der Last der reifen Früchte biegen. Das Gras ist besonders grün und saftig. Auf den von Bauern angelegten Bergterrassen, die eher an eine asiatische Landschaft erinnern, weiden Kühe.
Immer wieder überholen wir Pferdewagen und fahren vorbei an Heuhaufen, auf denen eine Heugabel prangt. Die bunten Kleider der Menschen, die hier wohnen, fügen sich perfekt in das Bild von etwas heruntergekommenen Dörfern, die wie aus einer anderen Zeit erscheinen.
Ich kann mich einfach nicht satt sehen.
Wir kommen an unserem vorläufigen Ziel an. Ein Gästehaus neben einer für Siebenbürgen typischen Kirchenburg. Dort können wir uns von der Fahrt erholen und alles für das Ferienlager planen.
Ein paar Tage nach unserer Ankunft fahren wir über die holprigen Straßen nach Mediaş, um die Kinder und Jugendlichen aus dem Heim abzuholen.
Ich bin ein bisschen nervös. Zum einen, weil ich mir nicht vorstellen kann, was auf mich zukommt und wo wir hin fahren, zum anderen, weil ich mich mit der Sprache noch etwas schwer tue.
Diese Aufregung verfliegt schnell, als ich zwischen den Jugendlichen sitze, Bonbons verteile und zu rumänischer Volksmusik, der „Manele“ mitschunkle.
An unserem Ziel, Seliştat, angekommen, werden die Zimmer bezogen, und dann geht es auch schon los. Um sich besser kennenzulernen und um die Kids auszupowern, gehen wir alle zusammen auf den Spielplatz.
Die Zeit vergeht schnell, mit Badminton, Volley- und Fußballspielen. Später, nach dem Abendbrot, das von den Küchenfrauen frisch, mit Produkten aus eigener Herstellung zubereitet wird, geht es ins Bett.
Ich bin begeistert von dem, bei den Jugendlichen schon bekannten und beliebten Ritual: Alle legen sich in ihr Bett, und die Betreuer singen mit Gitarrenmusik bekannte Lieder.
Auch wenn es manchmal etwas schief klingt, werden alle sehr schnell ruhig und warten nur noch darauf, dass ihnen noch einmal persönlich „Gute Nacht!“ gesagt wird.

An den darauffolgenden Tagen gibt es zwar einen festen Tagesablauf – allerdings mit lockerem Programm. Von T-Shirt-Bemalen und Kekse-Backen bis hin zu einem gemeinsamen Zirkusbesuch.
Spiel und Spaß finden natürlich von morgens bis abends statt. Die sprachlichen Probleme werden mit Händen und Füßen gelöst, und nach der Hälfte der Woche tauen auch die älteren Jugendlichen auf.
Man stellte schnell fest, dass durch die lockere Umgangsweise der Betreuer, die immer ein offenes Ohr für alle Probleme haben und an die sich auch angelehnt werden darf, die Heimstrukturen aufgebrochen werden.
Ich schloss die Kinder schnell in mein Herz, auch wenn es nicht immer einfach war. Durch die vielen neuen Eindrücke war die Woche unglaublich schnell vorbei.
Ehe ich mich versah, saß ich mit einer riesigen Schüssel Popcorn auf dem Schoß am Lagerfeuer und trocknete Tränen von Kindern, die nicht zurück nach Mediaş wollten.
Am nächsten Tag stand die Abreise an, die sowohl den Kleinen als auch den Größeren sichtlich schwer fiel. Nachdem die Kinder wieder im Heim abgeliefert waren, machten wir uns auf den Weg nach Sibiu, wo wir bei Freunden des Vereins zum Essen eingeladen waren.
Uns wurde ein Festessen serviert, welches es in dieser Form eigentlich nur zu Weihnachten gibt. Allerdings machte es mir ein großer Kloß im Hals schwer, das Essen auch wirklich zu genießen.
Yvonne Krüger