____________________________________________________________________________________________________________

Kontakt::
Marek Gierszal
Tel: 030 – 86393794                               
E-mail:
mgierszal@hotmail.com

 

Protest

Václav Havel 

 

Stanék: Na ja – das haben wir uns damals nicht gedacht.

 

Vanék: Was?

 

Stanék: Dass es soweit kommt, wie es gekommen ist. Selbst Sie haben es nicht geahnt.

 

Vanék: Hm.

 

Stanék: Es ist widerlich, Mensch, widerlich. Der Abschaum herrscht über die Nation – und die Nation? Ist das überhaupt noch dasselbe Volk, das sich noch vor einigen Jahren so phantastisch hielt? Diese schreckliche Duckmäuserei! Überall nur Selbstsucht, Korruption, Angst. Mensch, was haben die aus uns gemacht! Sind wir noch wir?

 

Vanék: Ich würde es nicht so schwarz sehen.

 

Stanék: Seien Sie mir nicht böse, Ferdinand, aber Sie leben nicht in einer normalen Umgebung. Sie verkehren nur mit Menschen, die alldem die Stirn bieten. Ihr gebt Euch gegenseitig Hoffnung. Wenn Sie aber wüssten, mit wem ich leben muss! Seien Sie froh, dass Sie mit alldem nichts zu tun haben. Es dreht sich einem der Magen um.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

              Václav Havel

                    Rowohlt Theater Verlag

  Herbert Kaluza - Stanék &  Mareak Gierszal - Vanék

                     Inszenierung: H. Kaluza

         

Hilfsarbeiter Havel (1975) aus Der Spiegel 18/1990

Hoffnung ist eine Dimension des Geistes.
Sie ist nicht außerhalb von uns, sondern in uns.Wenn Du sie verlierst, musst Du sie neu in Dir selbst und den Menschen um Dich herum suchen – nicht in Gegenständen und Geschehnissen.
                             V. Havel

„Protest“

von Václav Havel (Deutsch von Gabriel Laub)

„Die Stücke sind frei von jeglicher Märtyrer- oder Befreierpose.
Es sind spannende, unterhaltende Miniaturstücke, geistesverwandt mit Kafka und Beckett, die einladen zum Lachen und Umdenken. Wobei aber kein Umdenken im Sinne Brechts gemeint ist, mit festgesetztem Ziel, sondern hier geht es um ein Auffächerrn von weiteren Fragestellungen. Die Texte bilden seismographische Studien einer Gesellschaft, die weniger von einem Unterdrückungsregime als von allgemeinen strategischen Überlegungen, nicht hinterfragten Anpassungsmanövern und festgelegten Denkmustern beherrscht wird. Die Vanek - Texte sind also Stücke über eine Gesellschaft, die sich von dem, was wir eine offene, demokratische Gesellschaft nennen, grundlegend unterscheiden. Ferdinand Vanék stößt in jedem der Stücke mit den unterschiedlich eingestuften Anpassungsmodellen seiner Mitbürger zusammen. Es sind jeweils Gestalten, denen die "Anpassung" zur Norm geworden ist.„Wer ist nun dieser Ferdinand Vanék?" Er handelt kaum, er spricht kaum. Es ist seine Umgebung, die spricht, die er zu provozieren scheint mit seiner stillen Anwesenheit. Alles dreht sich um Vanék, doch er sich nicht mit.

Fragmente:Markein Goetz-Stankiewicz, aus dem Vorwort zur Vanek- Trilogie,Vancouver / Kanada, Juni 1989