Klaus Gärtner "Entwurf für eine Ausstellungssituation" |
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Das Modell-Verständnis, das den Skulpturen und Installationen von Klaus Gärtner zugrunde liegt, hat sich wesentlich aus der plastischen Transformation realer Topografien entwickelt: Ausgehend von kartografischem Material, von Grundrissen und Architekturzeichnungen, sind es einerseits urbane (Durchgangs-) Räume wie Passagen, Plätze oder Straßenzüge, andererseits aber auch Ausschnitte aus dem Inneren bestimmter Gebäude, die Klaus Gärtner in topografische Skulpturfragmente von disparater Maßstäblichkeit übersetzt. Gemeinsam ist diesen verwandelten Raumzitaten eine immanente Bewegung, die in der wechselseitigen Durchdringung von Innen und Außen, von Volumen und (Um-) Raum, von positiver und negativer Masse vielgestaltig zutage tritt. Dabei ging der Künstler schon bald dazu über, mehrere solcher skulpturalen Elemente - quasi im Sampling-Verfahren - eigens gefertigten Ausstellungsarchitekturen einzuverleiben, wie sie aus "abstrakten" Raummodulen, aus regal- oder kulissenartigen Konstruktionen bestehen. Derart zum installativen Ensemble ergänzt, werden ihre Bestandteile zu "skulpturalen Hypothesen" über die Erfahrungs- und Wahrnehmungsvielfalt von Raum, wobei die Grenzen zwischen realen und fiktiven, privaten und politischen Räumen zunehmend in Fluß geraten. Im Kontext der Ausstellung "Modell-Wirklichkeit" hat Klaus Gärtner in der Galerie Stefan Rasche eine mehrteilige Arbeit realisiert, in der diese ästhetische Praxis selbst zum Gegenstand modellhafter Untersuchungen wird: Zu sehen ist der Entwurf für eine Ausstellungssituation, die der Künstler für eine bestimmte Raumflucht im Museum Haus Esters in Krefeld konzipiert hat. Die Rahmenbedingungen für seine Projektstudie geben drei baugleiche Modelle des musealen Raumes vor, in dem sich - jeweils neu plaziert - eine mit skulpturalen Elementen gefüllte Regal-Konstruktion befindet. Ausgeführt als Bauvarianten A, B und C, weichen diese Konstruktionen sowohl in der Struktur des Trägergestells als auch in der Kombination ihrer skulpturalen Einlagerungen deutlich voneinander ab. Dabei läßt sich, was die Auswahl der Bestände betrifft, zwischen vier verschiedenen "Werkgruppen" unterscheiden: den Habitatringen, den topografischen Fragmenten, den Bildschirmen sowie den Wohnungselementen, die als einzige in allen Varianten auftauchen [siehe Objekt]. In einem zweiten Schritt werden dann einzelne dieser skulpturalen Elemente näher untersucht, dergestalt, daß Klaus Gärtner wiederum mehrere Varianten in einem nunmehr deutlich größeren Maßstab ausgeführt hat. Zudem läßt sich die stufenweise Entfaltung auch in der räumlichen Dramaturgie der Ausstellung nachvollziehen, denn während sich die kompletten Modelle im Zentrum der Galerie befanden, waren die fokussierten Einzelteile - ebenfalls auf eigens gefertigten Tischen - entlang der Seitenwände aufgestellt. Zusammen mit Entwurfsskizzen und Zeichnungen werden somit Aufbau und Details einer Ausstellungskonzeption nach verschiedenen Richtungen hin untersucht, wobei die definitive Auswahl bewußt in der Schwebe bleibt. Gerade dadurch eröffnet sich ein Feld von Möglichkeiten, das der Künstler nutzt, um ein thematisches Zentrum aus wechselnder Perspektive zu umspielen. Hier ist er - anders gesagt - der finalen Entscheidung entbunden, die eine "reale" Skulptur naturgemäß mit sich bringt, um demgegenüber alternative Varianten zur Diskussion zu stellen. Und erweisen sich schon die skulpturalen Elemente als variable Bausteine eines offenen Systems, das durch die Kombination innerhalb der Ausstellungsarchitekturen entsteht, so geht Klaus Gärtner in seiner Projektstudie noch einmal darüber hinaus, indem er deren konstellative Struktur modellhaft reflektiert. Wenn es sich streng genommen also um Modelle von Modellen handelt, so mündet dies in keiner Tautologie, sondern berührt zwei ganz verschiedene Ebenen seiner künstlerischen Praxis: zum einen die skulpturale Transformation realer Räume, auf der seine Arbeit generell beruht, zum anderen die Untersuchung der ihr immanenten Variationsmöglichkeiten in Hinblick auf eine bestimmte Ausstellungssituation, die bewußt als fiktiver Schauplatz gewählt worden ist. Stefan Rasche |