Bericht: Alina Köttgen

SchauRaum

Beim Fest der Galerien und Museen in Münster dabei

Die DFG-Chronistin wartete mit ihrem Rundgang nicht bis zum Treffpunkt um 19 Uhr, sondern startete bereits um 14 Uhr, um möglichst viel zu sehen. Wer also den ganzen Weg 'mitgehen' möchte, sollte gleich im Nebenfenster auf ihre Webseite wechseln, denn hier findet man nur den 'vereinsinternen' Abschnitt.

Helga rief die Aktion aus, also wartete sie um 19 Uhr vor dem Rathaus und verlor bereits die Hoffnung, dass jemand sich ihr anschließen würde, als das Handy aufschrie. Wir gehen uns gleich entgegen und treffen gegenüber der Galerie Clasing am Prinzipalmarkt. Seit mich mal die alten Videostreifen des Galeristen Anczykowski verzaubert haben, schaue ich da immer gerne mal rein. Diesmal lockt mich die Ausstellung der Bilder seiner Frau, die von vielen Besuchern mit einem liebevollen "Katinka" bedacht wird.

KatinkasEinladung1

Bereits beim Aufstieg in die Kunst-Etagen, begegnen wir in der Treppenhausvitrine einer wunderschönen Collage der Künstlerin, von der ich bisher nur wusste, dass sie früher auf Kirchenfenster spezialisiert war. Das Werk gefällt uns beiden sehr. Gespannt ersteigen wir die erste Galerie-Etage. Just in diesem Augenblick meldet sich wieder das Handy von Helga - Inge sucht uns, sie hat frei von Familie bekommen. Vom Rathaus zu Clasing ist nur ein Katzensprung also bald sind wir schon zu dritt.

Clasing1

Die großen Ölbilder (Beispiel im Hintergrund) sprechen uns nicht an. Ich bin mehr für feine Töne, die beiden anderen vermissen klare Formen - kein Fachsinn bei allen drei. Aber die fantasiereichen, zierlichen Collagen! Die gefallen uns sehr. Die Radmeisterin Helga erfreut sich an dem Rang des Fahrradsports in der Kunst. Das maritime Thema einer weiteren Collage 'möchte' sie für ihren Mann. Inge und ich bewundern die Komposition der Schnipsel auf allen Collagen.

Die höheren Etagen liefern nicht mehr so viel Freud. Die in der SchauRaum-Brochüre annoncierten Ölbilder von Helga Rensing finden wir viel zu verschwommen und fade in der Farbwahl. Dafür werden von meinen Begleiterinnen, die das erste Mal hier sind, die Räumlichkeiten der Galerie bewundert - ein herrlich unorthodoxer Geist wohne hier. Ich dränge ein bisschen zum Weitergehen - es gibt ja noch so viel zu sehen!

Magnetbilder1

Die nächste Adresse ist nicht weit, bereits am Drubbel - Galerie Schneeberger - mit den magnetischen Bildern von Antoine Béchara. Der aus Libanon stammende Künstler, der seit langem in Paris lebt, soll schon viele Preise für seine 'interaktiven' Bildfelder geerntet haben. Wir stacheln Helga an, ihr eigenes Kunstwerk zu kreieren. Dünnschichtige Metallplatten eines zerschnittenen Bildes können von Betrachter nach seinem Geschmack angeordnet werden, weil der Hintergrund magnetisiert ist und sie in beliebiger Position festhält. Helga geht sehr ernst zu Werke und braucht eine Weile, bis sie zufrieden ist. Inge versucht sich an kleineren Formaten, wo es nur zwei Elemente zu bewegen gibt. Das reicht ihr nicht aus, also verbindet sie zwei Bilder zu einem und kann dadurch mehr gestalten.

Betrachterinnen1Im alten Krameramtshaus gibt es eine Ausstellung von Jörg Hartmann, einem Zeichner, der gerade dabei ist, den "Wilsberg" in die Comic-Form zu überstellen. Einerseits wird das Handkunstwerk in originalen Zeichnungen für bisherige Publikationen präsentiert (Nostradamus etc.) Andererseits werden die Wilsbergmotive geboten, die naturgemäß für münsterisches Publikum von besonderem Interesse sind. (Natürlich, wer den Film mit der Münsterkulisse gesehen hat - ich habe noch nicht.)

Krameramtshaus

Deswegen wunderts nicht, dass sich hier die Besucher auf die Füße treten und lange Schlangen am Tisch mit käuflichen Exemplaren der Bücher bilden. Ich konzentriere mich auf das Studium der zum Teil imposant großen und sehr detailgenauen Skizzen der münsterischen Giebelhäuser. Dabei staune ich über meine neidvolle Bewunderung, die da deutlich zu fühlen ist, denn eigentlich habe ich überhaupt keinen Spaß an der Schilderung bereits vorhander Formen welcher Art auch immer. Da will ja der Verstand ständig mitreden und versprüht seine Urteile über richtig und passend - der kunstfremde Spielverderber.

 

Bibelspiesen1

Quer durch den Domplatz und schon sind wir in dem neuen Hause der Bibel. In diesem Jahr hat man sich für die Nacht der Museen ... Leckeres auf die Fahnen geschrieben. Das Motto: Sättigt euch an meinen Früchten. Kulinarische Reise durch die Bibel. Im Eingangsbereich hat man drei Tische für die Verkostung vorbereitet. Als Erstes kommt natürlich das berühmte Linsengericht dran. Mein Magen freut sich unbändig über den wärmenden Schluck; groß sind die Portionen natürlich nicht. Der Suppe folgen Fladen als damalige Brotvariante, Schafskäse, Ingwer, Oliven, Weintrauben, Mandeln, Honig (bereits vergessen aus welchen Pollen) Tahini aus dem Reformladen und noch eine Paste. Beim Speisen lesen wir an der Wand die Seiten aus dem Buch eines bibelüberzeugten Arztes, der eine Jesus-Diät aufgestellt hat. Also was mich angeht ... - ein Abenteuer schön und gut, aber ich bin froh, in meinem Alltag nicht wie Jesus essen zu müssen.

Bibelmuseum1

Nachdem das Fleisch zufrieden gestellt wurde, gehts in die geistreichere Etage. Der neue Ausstellungsraum ist eindeutig mehr museumsgemäß. (Wenngleich ich die alten Kämmerlein sehr mochte.) Wir gehen entlang der Vitinen mit aufgeschlagenen Bibeln verschiedenster Epochen und schauen uns hauptsächlich die Illustrationen an. Damals war das eines der wichtigsten Betätigungsfelder für Künstler. Religion ohne Kunst gab es wohl noch nie. Die moderne Zeit probiert die Gegenthese aus - Kunst ohne Religion. Und doch können viele, viele, viele ... nicht davon ablassen, den höheren Sinn des Lebens in ihren Werken zu hinterfragen - zwar ohne Kirchen und Bibeln, aber doch nach 'Übermenschlichem' suchend.

 

AWeinbrenner1

 

 

Et voilà, wir sind schon um die Ecke in der Galerie Pohlkötter in der Rothenburg 38. Armin Weinbrenner ist auch in diesem Jahr der Vorzeigekünstler. Es sieht aber danach aus, dass es die letzte Begegnung an diesem Ort ist - das Schaufenster zieren weise Verse über die Akzeptanz, wenn etwas sein Ende erreicht habe. Der Maler auf dem Foto signiert gerade einige seiner kleineren Werke. Innendrin geht es noch sehr lebendig zu - von Endstimmung keinste Spur. Viele wandeln versonnen, ein Sektglas in der Hand wärmend, tauschen sich mit Bekannten aus. Man merkt schnell, dass man inmitten einer Fangemeinde gelandet ist.

Wischbilder1

ArminsSchachteln1

Wir schauen uns die berühmten 'Wischbilder' an. Mehrere von ihnen sind unter (Acryl?)glasplatten geschlichen, um sich ein höheres Grad an Farbbrillanz zu sichern. Armin Weinbrenner kann natürlich, auch ohne solche Hilfen zu nutzen, sehr farbenfroh werden. Ich finde die winzigen 'Zigarettenschachteln', die man bereits für 100 EUR erstehen kann, hinreißend frisch und lebendig.CafeArte1

 

Gegen 22 Uhr stelle ich fest, dass ich langsam genug von der Kunst habe, die Schicht war doch etwas lang geraten. Ich will nur noch die Nr. 20 abhacken - Aegidiistraße ist ja nur um die Ecke - und dann muss eine warme Sitzecke her. Helga und Inge überlegen zuerst, eine andere Kunstadresse, sei es eine Galerie oder Museum aufzusuchen, finden aber nichts in der Liste, was jetzt noch in Frage käme. Helga kennt die münsterische Gastronomieszene am besten und als sie hört, dass die Nr. 20 Galerie König ist, findet sie meinen Plan ideal. Denn da könne man ja gleich im dazugehörigen café arte bleiben. Gesagt, getan. Vom Weiten hören wir dann, dass es heute ein Livekonzert im Lokal gibt. Umso schöner. Warum nicht? Wir freuen uns auf den lockeren Abschluss der Tour. Als Erstes gehen wir aber noch in den hinteren Raum, wo es heute gleich zwei Vernissagen gab.

Chronistin1

 

 

Die Malerei und Grafik von Erhard Wilde enttäuschen mich sehr. Ich weiß nicht, was ich unter dem Titel Ich sehe mich und du siehst dich erwartet habe - wahrscheinlich etwas mit psychologischer oder gar esoterischer Perspektive. Die Bilder schweigen mich aber nur an.

Mit den "Weltbildern" von Moritz Götze kann ich erst recht nichts anfangen. Mit blinden Augen ziehe ich an den Wänden vorbei. Vielleicht ist mein "Kunst-sehen-können" heute einfach aufgebraucht? Zu viel ist eben zu viel. Zeit aufzuhören. Andere Wochenenden sind ja genauso gut für eine Kunstbegegnung.

 

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Wir kehren um und suchen ein nettes Plätzchen im Lokal vorne. Das Schicksal ist uns wohlgesonnen und macht schnell einen Tisch am Fenster für uns frei. Die leckeren Häppchen sind schnell verschlungen. Der Austausch über Gesehenes und Ungesehenes braucht viel länger. Die junge Band aus Warendorf beherrscht ihr Programm glänzend. Allerdings ist es noch nicht so lang und wir hören es trotz Spielpausen dreimal hintereinander. Kurz nach elf brechen wir auf und jede geht ihren Weg nach Hause.

Endrunde1

Ende1

Unterwegs zum Auto lockt mich aber die belebte Stimmung vor der Galerie Claus Steinrötter. Ich erklimme die uralte Treppe, die ich mal jahrelang beim Besuch der Tanzschule unterm Dach bestieg. Für die Betrachtung der Ausstellung bin ich heute zu müde, ich will nur mal eben den Galeriegeist grüßen. Langsam ziehe ich durch die verwinkelte Wohnung von einst - sie selbst ist auch schon ein Kunstwerk. An den Wänden eine dichte Vielfalt der Stile und Epochen. Als diesjährige Augenfänger sind wohl die froschgrün gefärbten Holzskulpturen. Das Handwerk exzellent, die Aussage ... für mich nicht greifbar.

Meine Füsse brennen. Nach Hause, nach Hause - leiert ein Refrain im Kopf, als ich wieder an der Straße bin. Die Ruine des Landesmuseums gibt sich optimistisch ... Jedem Ende folgt ein Anfang.

Landesmuseum1

Bericht und Fotos von Alina Köttgen

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