6. Mai 2002 - in

Wie Gott in Frankreich...

Die Idee zu diesem Abend in der Brücke hatte Silke Röckelein. Und die Pünktchen im Titel der Veranstaltung, kündigten an, dass wir auch anderes als ein paar berühmte Rezepte der französischen Küche zu vermitteln suchten.

Es ging also nicht nur um Essen und Trinken in den Regionen Provence, Lyonnais und der Bretagne, sondern auch und vor allem um Tafelfreuden in der Welt der Literatur.

Zu Beginn des Abends bereitete uns Vergnügen, eine recht zweideutige Novelle von meinem französischen Lieblingsschriftsteller Guy de Maupassant mit dem Titel Die Brioche (Original: Le Gâteau) zu hören. Alle schmunzelten über die Geschichte, in der Messer zum Zepter, der Kuchen zum Sinnbild der Macht wurden, oder beide zu anderen Deutungen einluden ...

Kasimir Edschmid entführte uns mit dem Auszug aus seinem Buch Morgensegel Europas in die Provence und an die Côte d’Azur und bewirkte, dass uns beim Zuhören der Duft der Bouillabaisse in die Nasen stieg und der blühende Oleander direkt vor den Augen erschien.

Anschließend waren wir bei Claude Monet, dem großen Impressionisten zu Gast, der in Giverny einen zu jener Zeit neuen, "einfachen, natürlichen Lebensstil“ vorlebte, und lächelten dabei, als wir nebenbei erfuhren, welch unerhörter Luxus die Schokolade damals war, die als besondere Kostbarkeit bei königlichen Hochzeitsfeierlichkeiten gereicht wurde, und ... dass man zu jener Zeit den Käse als Dessertgang noch nicht kannte - wer hätte das gedacht!?!

Bei Rotwein und Käsehäppchen konnten wir bis zum Ende des Abends noch weitere amüsante Kurzgeschichten hören. Der Saarländer Ludwig Harig entführte uns mit seinem humoristischen Stück Bretonische Austern an eine üppig bestückte Tafel in der Bretagne, an der Frau von Roselius mit Hilfe des bretonischen Breitschädels mit dem Vornamen Yannik das Austernessen lernte.

Und wem bei dem sehr plastisch beschriebenen Austern-Massaker im Feinschmecker-Munde das Lachen verging, der konnte beim nächsten und zugleich letzten Literaturhäppchen wieder Anschluss an die gute Laune finden, denn da wurde Emphraim Kishon aufgetischt; mit einer Geschichte über das sonntägliche Ernährungsproblem in Paris, ein Entrecôte und die eiserne Zuständigkeitsregel im Kellner-Revier eines französischen Lokals.

In den Pausen und beim 'Nachsitzen' zum Ausklang des Abends wurde gediegene Musik aus den Salons des 18. und 19. Jahrhunderts serviert, die einen Contrapunkt zu der lockeren Stimmung der amüsierten Gäste der Brücke bildete.

 

Text von Helga Reuter