Nuklearer Schlagabtausch zwischen Indien und Pakistan noch nicht gebannt

Der Kaschmir-Konflikt betrifft uns direkt

"Trotz einer leichten Entspannung im Kashmir-Konflikt ist die Gefahr eines Krieges zwischen Indien und Pakistan, der leicht in einen nuklearen Schlagabtausch münden kann, nicht gebannt", so Felix Oekentorp, Vertreter der DFG-VK im Trägerkreis "Atomwaffen abschaffen - bei uns anfangen". Am kommenden Wochenende, 14.-16. Juni, berät der Trägerkreis auf der Jahreskonferenz in Erfurt Ansätze ziviler Konfliktlösungen für diesen Konflikt, der seit Jahrzehnten besteht. Erwartet werden 100 TeilnehmerInnen aus 40 Organisationen.

Die frühere Kolonialmacht England hat es seinerzeit versäumt, als es Indien und Pakistan in die Unabhängigkeit entließ, die Grenzen auch in Kaschmir im Interesse der Bevölkerung zu ziehen. Die Folge waren drei erbitterte Kriege zwischen Indien und Pakistan, deren erster eine Million Tote zur Folge hatte. Auch ohne erklärten Krieg wurden in den 90er Jahren vornehmlich durch indische Soldaten zehntausende Menschen im Kaschmir getötet, so u.a. durch das Niederbrennen ganzer Dörfer.

Sowohl Indien als auch Pakistan wurden auch mit deutscher und europäischer Hilfe zu Atommächten hochgerüstet. Bereits 1974 gelang Indien der Test seiner ersten Plutonium-Bombe. Die Trägersysteme für die Bombe wurden mit Technologie aus der UdSSR, aus Schweden, Frankreich und auch aus Deutschland entwickelt. Großbritannien lieferte Bomber an Indien. Im Januar 1972 gab der damalige pakistanische Premierminister den Auftrag zum Bau der Bombe. In Belgien und der Niederlande beschafften sich pakistanische Wissenschaftler das nötige Know-How. Komponenten zur Herstellung der Anreicherungsanlage wurden u.a. in Deutschland gekauft. Mit amerikanischen Kampfflugzeugen ist auch Pakistan in der Lage, Atombomben abzufeuern.

Die Lunte ist an den atomaren Sprengsatz gelegt. Frühwarnsysteme müssen bei derart kurzer Raketenflugdauer versagen, jede Fehleinschätzung des Gegners kann verheerende Folgen haben. Felix Oekentorp warnt: "Jede atomare Eskalation des Konfliktes, der bereits auf konventionelle Weise eine unvorstellbare Zahl an Opfern gekostet hat, wird die Auswirkungen des Unfalls von Tschernobyl im April 1986 auch für die Bevölkerung Westeuropas weit in den Schatten stellen." Die freigesetzte Radioaktivität bei Tschernobyl entsprach etwa der 200fachen Menge der Atombombe von Hiroshima, die mit den heutigen Maßstäben gemessen und verglichen mit dem Potential der beiden Staaten eine vergleichsweise sehr geringe Sprengkraft hatte.

Dortmund, den 12.06.2002

Felix Oekentorp, DFG-VK Landesgeschäftsführer NRW

13.10.2002