Forschungsstelle Für Gestaltung


Die Welt der Arbeit im Jahr 2020

Dr.Michael Heise Chefvolkswirt der DG Bank

Die Industrienationen stecken derzeit mitten in einer technologischen Revolution, deren Folgen noch gravierender sein könnten als die Freisetzung von Arbeitskräften im Maschinenzeitalter des 18. und 19.Jahrhunderts.

Der Arbeitsmarkt und die Gesellschaft befinden sich im Umbruch. Die durch schnelle Kommunikationswege und den Einsatz der Mikroelektronik bewirkten Produktivitätszuwächse und Innovationen gehen dermaþen stürmisch vor sich, daþ nicht nur herkömmliche Berufsgruppen und Ausbildungsgänge völlig verschwinden, sondern daþ sich der Wandel auf dem Arbeitsmarkt generell beschleunigt. Die Globalisierung der Wirtschaft führt zudem dazu, daþ Arbeitsplätze jetzt viel mobiler sind als früher und auch weltwelt "ausgeschrieben" werden.

Der Lebensstandard einer Nation ist das Ergebms der kollektlven Arbeitsleistung seiner Bewohner. Wohlstand muþ also erarbeitet werden. Wenn jedoch die Arbeitsleistung entweder zu teuer wird oder aber nicht den erforderlichen Qualifikationsgrad erreicht , wird nicht nachgefragt. Sie liegt also brach.

Bei den hohen Lohnkosten in Deutschland ist Qualifikation das A und O der künftigen Generation der Erwerbsttätigen. AlleHandelspartner haben mittlerweile einen Qualitätssprung vollzogen.

Die Liberalisierung und ÷ffnung von Güter und Finanzmärkten sowie die globale Akzeptanz der Marktwirtschaft haben eine Renaissance anreizorientierter "Mikro politik" eingeleitet, die die volkswirtschaftliche Effizienz erhöht und neue unternehmerische Dynamik freisetzt. Zum anderen sind die nun mehr seit gut drei Jahrzehnten andauernde Liberalisierung des Kapitalverkehrs und die Integra tion der Finanzmärkte historisch ohne Beispiel.

Der Wert grenzüberschreitender Aktien- und Bond-Transaktionen ist in Deutschland von rund drei Prozent 1970 auf knapp 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 1996 ange schwollen.

Der rapide Fortschritt in der Informations- und Telekommunikations technik hat diesen Prozeþ noch beschleu nigt. Die Rechenkapazität ist seit Beginn der siebziger Jahre um das 30 000fache, die Ðbertragungsgeschwindigkeit um das 40 000fache gestiegen; bei den Speicher kosten gab es eine Reduktion um den Faktor 100 000. Und das alles bei einer Verringerung der Anschaffungskosten für Computer um 95 Prozent.

Globalisierung heiþt nicht, daþ die Wirtschafts- und Sozialpolitik keinen Spielraum für Eigenständigkeit mehr hätten. Im Gegenteil: Der "Wettbewerb der Systeme" fördert neue, innovativere und effizientere Lösungen.

Nur: In einer Zeit vernachlässigbarer Informations- und Kommunikationskosten, sinkender Transportkosten sowie hochintegrierter, globaler Finanzmärkte sind Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit ausschlaggebend - auch in der Politik und am Arbeitsmarkt.

Flexibilität und die Bereit schaft, sich rasch wandelnden Marktbedingungen anzupassen, neue Kompetenzen zu erwerben und überkommene Besitzstände aufzugeben, werden uns zukünfig erfolgreich agieren lassen.

börse online Nr.46/97