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Joseph BeuysErweiterter Kunstbegriff / Plastische Theorie


Beuys hatte das Bedürfnis ein tiefes Verständnis über das Wesen des Menschen und seines Zusammenhang mit dem Kosmos erkenntnismäßig zu gewinnnen und zu durchdringen. In der Frage nach den Gestaltungskräften des Menschen begründet sich sein Weg die Wahrnehmungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu erweitern, ihren engen tradierten Rahmen zu sprengen, da ihre Theorie und Praxis seinen Erkenntnisanforderungen nicht genügten.

>Schönheit ist der Glanz des Wahren<, so Beuys und nicht eine Frage der schönen Oberfläche. Schönheit ist keine geschminkte Oberfläche sondern kommt von Innen aus dem Wahren. Damit weist Beuys darauf hin, daß Schönheit und Erkenntnis miteinander zu tun haben.

Beuys sieht Kunst nicht als ein spezialisiertes, handwerkliches Tun ( wie dies noch Goethe formulierte ), sondern als einen Prozeß der ausgeht von der Frage was denn wie gestaltet werden soll und zwar aus einer inneren Notwendigkeit heraus. Beuys dazu selbst:" ...diese Frage von "Zeichnen auf Papier" die ist viel zu spät, da könnte ich gar nichts Vernünftiges darüber sagen. (Beuys im Gespräch mit Louwrin Wijers ,Ddorf ,3.Juni 1980).

In der Analyse des Schöpfungsvorganges weist Beuys dem Begriff der Freiheit oberste gestalterische Priorität zu. Kunst ist nicht gebunden an ein bestimmten Material, an bestimmte Formen oder Farben noch an ein bestimmtes Medium oder eine bestimmte Technik oder Methodik; Kunst ist frei. Den Schöpfungsvorgang beschreibt Beuys als einen von Intuition, Willen und Herzenskräften getragen Prozeß der aus der chaotischen Anfangsmaterie gemäß einer Idee intuitiv eine Form findet in der die Idee sichtbar wird. Mit dem Sichtbarwerden der Idee hält der Gestaltungsprozeß inne. Die Idee hat sich materialisiert ist gefrorene Idee. Die Wahl der Materie ist entscheidend für die Einbindung der Kräfte der Gestaltung. Beuys Vorstellung ist die, daß der Ideezusammenhang welcher die Materie formt zurück auf den Betrachter zu wirken vermag. Im Material werden Kräfte spürbar, die auf den Adressaten übergehen. In der Gestaltung selbst stellt sich die Erkenntnisfrage, die sich bei Beuys intuitiv selber meldet. "Ich beginne die Arbeite nur, wenn sich etwas meldet, daß ich tätig werden muß"( vergl. die Aussagen von Sokrates über sein Philosophieren.) Mit der Zeit bewegt sich der Mensch weiter und es entsteht eine Entfernung vom Kunstwerk, so daß mit der Zeit nicht mehr für den dann lebenden Menschen die Idee sichtbar werden läßt ( das Kunstwerkt bleibt zurück, stirbt ab).

Die Intuition ist die Richtsschnur der richtigen Gestaltung, welche gepaart mit Inspiration und Wille das Material formt, so daß eine Idee sichtbar wird. Diese "Ideen sehen fällt den Menschen so unendlich schwer" J.B., so daß Betrachter, vermögen sie keine Idee in der Gestaltung zu sehen , das Ganze für Unsinn oder Müll halten.

Im Gestaltungsvorgang werden sodann emotionale Kräfte tätig, Wärmekräfte, diese formen das Werk ins Sichtbare. Die fertige Form ist Resultat der Transformationsvorgänge der Materie und bezeichnet einen Punkt im Gestaltungsprozeß an dem dem Beuys anhält, weil die Idee sichtbar geworden ist. Die Form selber ist erstarrter Schöpfungsvorgang, erkaltet und bleibt mit der Zeit zurück.Es braucht immer wieder Transformationen durch den Menschen um die Prozesse lebendig zu halten.

Beuys ist zuerst Generalist dann Spezialist. Er bezieht seinen Standpunkt weit außerhalb des Globus und bearbeitete die Frage von Mensch und Kosmos, das Wirken von geistigen Kräften in Natur und im menschlichen Leben .Er gab Anregungen zur Neugestaltung des kulturellen und sozialen Lebens sowie der Wirtschaft.

Mit seiner >Freien Internationalen Universität< (FIU) will er die Kultur des nächsten Jahrhunderts schaffen. Denn er sieht die Zeitgenossen als." ...immer mehr entfremdet von ihrem Leben, von ihrer Arbeit, von ihrer Innerlichkeit, von ihrer Kreativität." (so Beuys im Gespräch mit Louwrin Wijers ,Ddorf ,3.Juni 1980) und an anderer Stelle des Gesprächs: " Das heißt , an den Arbeitsplätzen, im Krankenhaus, in der Industrie, bei der Eisenbahn, auf der Universität, das müßte sozusagen ein neuer Kreativitätsbegriff da sein, der aber die Konsequenz hat, daß man dieses System versteht. Das ist der Anthropologische Kunstbegriff, der einen auch berechtigt zu sagen: Jeder Mensch ist ein Künstler. Denn ich sage doch nicht: Jeder Mensch kann ein Rembrandt sein." und an anderer Stelle " Sie sollten erst einmal darüber nachdenken, wie sie sich als Mensch überhaupt selber empfinden...

Also, ich wollte immer die Menschen auch einmal ermahnen, mit ihrem Denken zu beginnen. Also, ob sie sich selbst verantworten können... Das wäre für mich doch die eigentliche kreative Aufgabe. Also, diese Fragen der ganzen kreativen Innerlichkeit, der Willenskräfte, der Empfindungskräfte, der intellektuellen Denkfähigkeit. Das wird ja allzuleicht mit diesem Pinsel und dem Papier ausgeschaltet. "(Beuys im Gespräch mit Louwrin Wijers ,Ddorf ,3.Juni 1980)

2002, update 2010


Literatur:

Information und Bestellungen über FIU-VERLAG