Handzettel DIN4 verteilt im Rahmen der Veranstaltung vom 30.11.2006

RETTET DEN BLOCK BEUYS!

Ein internationaler Kulturschatz ist in Gefahr

Der Block Beuys soll renoviert, die Wandbespannungen aus Jute und der Teppich sollen dauerhaft entfernt werden. Als Ersatz sind weiße Wände und Holz- oder gar Estrichboden geplant.

Dies käme einer unwiderruflichen Zerstörung des vom Künstler Joseph Beuys eigenhändig eingerichteten Environments gleich. Wenn der Teppich, auf dem Beuys gezeichnet hat und die spurenreiche Wandbespannung verschwinden, werden die restlichen Objekte ihren speziellen Bezug zum Raum für immer verlieren.

Zwischen der Installation und der „architektonischen Umgebung" kann nicht unterschieden werden! Der Künstler selber hat die Wände, die zu Beginn der Rauminstallation vorhanden waren, als Teil seines Werks angesehen und deren Interaktion mit Objekten und Menschen durch Nachdunkelung und Schattenbildung begrüßt. Dafür gibt es ausreichend historische Nachweise (siehe z.B. Text auf der Rückseite).

Wenn die Autorenschaft in diesem bedeutenden Fall von der Museumsleitung nicht ganzheitlich respektiert wird, ist das ein Angriff auf die Kunst aus den Reihen derer, die dafür bezahlt werden, wertvolle Kunstwerke vor Schaden zu bewahren. Leider wird gerade mit den geplanten Renovierungsmaßnahmen die Autorenschaft in Frage gestellt und eine eventuelle Beschädigung in Kauf genommen.

Gegen dieses verantwortungslose Verhalten werden wir Widerstand leisten und rufen alle dazu auf, sich für den Erhalt dieses einzigartigen internationalen Kunstwerks einzusetzen!

Rückseite

1967 hat der 76jährige Darmstädter Unternehmer und Sammler Karl Ströher, von den jungen Kunsthändlern Heiner Friedrich und Franz Dahlem beraten, die im Städtischen Museum in Mönchengfad-bach ausgerichtete Ausstellung mit Werken von Joseph Beuys im Gesamten gekauft. Kurz danach erwarb er die von Beuys für die Ausstellung im Stedelijk van Abbe-Museum in Eindhoven zugefügten Arbeiten und vermehrte die inzwischen 142 Objekte zählende Sammlung um den beträchtlichen Bestand der Arbeiten, die die Galerie Schmela in Düsseldorf im Februar von Beuys 1969 gezeigt hatte. Die dadurch auf etwa 260 Objekte und Ensembles und zudem zahlreiche Zeichnungen angewachsene Coüection aus wichtigsten Arbeiten des Künstlers seit 1949 bestimmte Karl Ströher-zusammen mit der inzwischen erworbenen Sammlung Kraushaar mit Meisterwerken der POP-Art -1969 als Leihgabe für das Hessische Landesmuseum in Darmstadt. Hier arrangierte sie Beuys, wie mit Karl Ströher vereinbart, in den von ihm selbst ausgesuchten Galerie» räumen nach eigenen Gesichtspunkten, stellte neue Zusammenhänge her und ordnete sie teils in Vitrinen, die er im Fundus von Museen aufgespürt hatte, Die einst mehr oder weniger heterogenen Objekte waren so von Beuys zu einem Werkkomplex als einem neuen künstlerischen Gebilde zusammengeschlossen worden, das er in den folgenden Jahren nicht im Prinzipiellen aber im Detail verändert, sozusagen künstlerisch bearbeitet hat; dies besonders nach der Rückkehr der Objekte von der umfangreichen monographischen Aussteifung 1979 im Guggenheim-Museum in New York, zu der sich Beuys vor allem auch wegen der äußersten Empfindlichkeit des Darmstädter Blocks nur schweren Herzens entschließen konnte.

Als Freunde des Künstlers 1982 von den Erben Kar! Ströhers den Werkkomplex übernahmen, war auch damit die Verpflichtung verbunden, daß jedweiche Änderung oder Veränderung nur vom Künstler selbst, zumindest aber mit seinem ausdrücklichen Einverständnis vorgenommen werden dürfte, 1985, ein Jahr vor seinem Tod, hat der Künstler die bis dahin in Raum 2 von ihm untergebrachte „Transsibirische Bahn" in ihrer jetzigen Anordnung noch in dem Raum installiert, der bis 1981 die Bilder und Brillo-Schachteln von Andy Warhol der Ströher-Sammlung beherbergt und die Beuys sich einst als unmittelbare Nachbarschaft zu seinem Werkblock selbst ausgesucht hatte.

Beuys sah in den von ihm gewählten Räumen des Museums sein Werk optimal untergebracht, sie waren bis hin zu der mittlerweile von Olivgrün zu Braun abgestumpften Wandbespannung, die auch auf Geheiß des Künstlers 1984 nicht erneuert werden durfte, in ihrer gesamten Beschaffenheit zu unverzichtbaren Teilen seiner künstlerischen Absicht geworden - ein Eindruck, dem sich keiner, gleichgültig wie er das Schaffen Beuys künstlerisch bewerten mag, entziehen kann.

Dies und die vitale Verbundenheit des Künstlers mit seinem Gesamtkunstwerk möchten die nachfolgenden Aufnahmen zu vermitteln suchen, von denen manche gewissermaßen nebenbei während der Arbeit mit Beuys in seinem Darmstädter Block durch unseren Museumsphotographen Werner Kumpf und Restaurator Günter Schott entstanden sind. Daß der Werkkomplex keine Eingriffe duldet und nur an dem Ort, in der Atmosphäre und in der Form seine Wirkung voll entfalten kann, die der Künstler bestimmte, ist der notwendige Schluß.

Wolfgang Beeh

Auszug aus "Joseph Beuys im Hessischen Landesmuseum", Katalog anlässlich der Ausstellung "Beuys und Warhol" im Hessischen Landesmuseum Darmstadt, 1988

V.i.S.d.P.: Laura Baginski, Liebfrauenstr. 82,64289 Darmstadt, 06151-5990858, laura@laurabaginski.de