Harald Szeemann ist in der Nacht vom 17. auf den

18. Februar gestorben.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal an einige seiner Titel erinnern, die gerne über den FIU-Verlag bezogen werden können. Betrachten Sie diesen Hinweis bitte nicht als pietätlos; Harald Szeemann hat selbst über mich seine Bücher bezogen; denn er wußte, woran wir arbeiten und wollte uns unterstützen.

 

Titel von Harald Szeemann:

 

Beuysnobiscum.

Gebunden Eine kleine Enzyklopädie. Fundus Bd.147 Neuausg. 392 S. 16,5 cm

335g 1997 Philo Verlagsges. ISBN 905-705-063-3 | KNV-Titelnr.: 07113178

16.00 EUR - 27.50 Bestell-Nr. SZ 1

 

Museum der Obsessionen.

von Szeemann, Harald; Kartoniert Von/über/zu/mit Harald Szeemann.

Internationaler Merve Diskurs Bd.100 239 S. m. Fotos. 17 cm 215g 1981 Merve

ISBN 3-88396-020-9 | KNV-Titelnr.: 10122561 10.00 EUR - 20.00 sFr.

Bestell-Nr. SZ 2

 

Harald Szeemann, with by through because towards despite. Gebunden

Catalogue of all Exhibitions 1957-2001. 450 p. w. 650 figs. (partly col.) 28

cm 2005 Springer, Wien ISBN 3-211-83632-2 | KNV-Titelnr.: 09925960 ca. 40.13

EUR - 69.70 sFr Der Titel erscheint laut Verlag November 2005. Bestell-Nr.

SZ 3

 

Das Biennale-Paket, 3 Bde. von Szeemann, Harald; Heynen, Julian; Ammann,

Jean-Christophe; Kartoniert Zeitlos auf Zeit; Niemansland Kunst; Das Glück

zu sehen. Statement-Reihe -2002. 413, 239, 306 S. m. Abb. 19 cm 1410g 1994

Lindinger + Schmid Kunstprojekte und Verlag ISBN 3-929970-54-6 |

KNV-Titelnr.: 11864460 45.00 EUR - 89.00 sFr. Bestell-Nr. SZ 4


Harald Szeemann ist über die Schwelle des Todes gegangen

Heute (Sonntag) erfahre ich, dass Harald Szeemann in der Nacht vom 17. auf den 18.2. 05 gestorben ist. Nicht nur, dass ich ihn für den bedeutendsten Ausstellungsmacher der Gegen-wart halte, er war auch nach Beuys der Mann aus "unseren Kreisen" mit der höchsten interna-tionalen Reputation, zumindest sage ich das für den Kreis der Menschen, die sich in der (noch herkömmlichen) Kunst bewegen. Dabei war gerade er es, der suchte diese enge Elfenbein-turmsituation der modernen Kunst zu überwinden. Er war nicht unbedingt interessiert an der sog. großen, anerkannten Kunst, sondern immer auf der Suche nach interessanten Einzelper-sönlichkeiten, die quer zur (und abseits der) Gesellschaft eigene Wege (ver)suchten und gin-gen.

Zum ersten Mal indirekten Kontakt bekam ich mit ihm Anfang des Jahr 1984 in seiner Aus-stellung "Der Hang zum Gesamtkunstwerk", wo er neben Beuys' zweiter Version des Raumes "Kapital Raum 1970 - 77", die später in Schaffhausen wieder ganz anders installiert werden sollte, eben auch Rudolf Steiners Entwürfe für das 1. Goetheanum gezeigt hat. Vom Eröff-nungsrundgang, den er mit Beuys nebst Ehefrau durchführte, überlieferte er, dass sich Beuys expressis verbis für die Nähe zu Steiner ausgesprochen hätte. In der darauffolgende Podiums-diskussion verteidigte dieser wiederum heftig (und fast mit geschwollenem Hals) die Lebens-leistungen von Steiner: "Hier gibt es eine europäische Persönlichkeit, die von da aus ihren Ausgangspunkt genommen hat, d.h. das ist Rudolf Steiner...."

Szeemann trat nicht, soweit ich das überblicken kann, in den Vordergrund, sondern hat letzt-lich dafür gedient, dass dies andere tun konnten, eben die Künstler bzw. deren Werke, denen er ein Podium bereitete.

 

Harald Szeemann war auf der Seite der Kunst zu Hause. Aber ich habe ihn immer zu uns ge-rechnet, d.h. zu einem der ganz wenigen in diesem Gesellschaftssegment, die "irgendwo ganz anders hinwollten" (Beuys), nämlich dahin, die Erde zu einem Kunstwerk zu gestalten. Das klingt banal, ist aber die größte Aufgabe, der sich die Menschheit stellen kann, und Harald hat das Feld der bildenden Kunst bearbeitet (Bilder, Plastiken, Environnements, Rauminstallatio-nen ... ja, er ging sogar so weit, die Arbeit seines Großvaters, der ein bedeutender Coiffeur war, als das eines Künstlers zu inszenieren und vorzustellen.

Schließlich gehörte Harald Szeemann zu den ganz wenigen Menschen in unserer Zeit, die zu den Anfängen der Bewegung der Lebensreform zu Beginn des 2o. Jhrdts. einen tiefen Zugang hatte. So suchte er zu sammeln all die Gegenstände und Utensilien, die um den "Monte Veri-ta" in Ascona (italienische Schweiz) von Interesse waren. Ihn interessierten vielmehr die Hal-tungen von Menschen, als irgendein äußeres "Blend"werk. So hieß den auch die Ausstellung, mit der er am deutlichsten Profil zeigen sollte When Attitudes Became Form (Wenn Haltungen Form erhalten/werden)

Ich bin dann Harald Szeemann wirklich begegnet und zwar sehr intensiv und eindrücklich anlässlich der Ausstellung "Joseph Beuys" in Zürich 1993/94, der einzigen, nach seinem Tod inszenierten Ausstellungen, die Beuys "adäquat" in Szene setzten. Er hatte es sogar gewagt, die "Nasse Wäsche Jungfrau", die schon in Wien bei der Erstinstallation als mit Seife durch-tränktes Wäscheknäuel zu sehen war, wirklich aufzuhängen. Gegen alle Kunst- und Hausinte-ressen, hatte er es durchgesetzt, dass ich mit meinem Büchertisch an über 24 Tagen (meist zum Wochenende) im privilegierten Eingangsraum der Kunsthalle meinen umfangreichen Büchertisch zu Beuys mehr oder weniger kostenfrei aufbauen konnte. In dieser Zeit war ich gerade dabei, mich vom Arbeitsamt unabhängig zu machen und selbständig auf eigenen Fü-ßen meine Brötchen zu verdienen. An einem der letzten Abende lud er mich und meine Begleiterin zum Abendessen ein. Der Abend zeigte mir, dass wir es auch mit einem Gourmet zu tun hatten, der das Leben zu genießen wusste. Schließlich hat er sich an diesem Abend als wirklicher Freund und Unterstützer meiner Arbeit zu erkennen gegeben, mit dem ich jederzeit rechnen konnte, während ich selbst ja gar nicht in der Position war, ihm "viel zu bieten". Ihm, der weltweit anerkannt war und in den höchsten Kunstkreisen verkehrte, rechne ich es hoch an, dass er mich "kleinen" Verleger und Impressario als "gleichwertig" und wohl auch am gleichen Strang ziehend, zu bewerten wusste.

 

Harald Szeemann war einer der wenigen, bedeutenden Männer in der Kunst, der die Kunst, in der er sich bewegte und von der lebte, absolut zu relativieren in der Lage war, der genau wusste, dass es letztlich um etwas ganz anderes ("Höheres") ging und geht.

In den letzten drei Jahren hatte ich immer wieder Kontakt zu ihm, da er großes Interesse an den Beuys-Symposien in Achberg zeigte und eigentlich grundsätzlich zusagte, dass er einmal kommen wollte. Letztlich hat er es nicht geschafft. Aber ich habe das deutliche Gefühl, dass Harald durchaus mit uns ist und in seinem irdischen Leben alle Weichen so gestellt hat, dass wir einen großen Mitkämpfer für die Soziale Plastik erwarten dürfen. Ich danke Harald Szee-mann für sein Hier und So-Sein im Da und Jetzt.

 

rainer rappmann

(für den FIU-Verlag und

den Verein zur Förderung des Erweiterten Kunstbegriffs)

www.fiu-verlag.com

 

 

Weitere Informationen:

 

Lebenslauf:

http://de.wikipedia.org/wiki/Harald_Szeemann

 

Weitere Informationen (auch Ton - und Bilddokumente) unter:

http://www.swissinfo.org/sde/Swissinfo.html?siteSect=107&sid=5549338

 

Nachruf aus der FAZ mit Bild:

http://www.faz.net/s/RubEBED639C476B407798B1CE808F1F6632/Doc~E4535D7C03EFA43BBBD85AF8335F8E641~ATpl~Ecommon~Scontent.html