Jean Baptiste Anacharsis Clootz (1755-??)

Revolutionär, Denker


Literatur:



Beuys hatte verschiedene intellektuellen Leitbilder wie z.B. Rudolf Steiner, Johann Wolfgang von Goethe oder Paracelsus, aber es gibt es kein zweites alter ego wie J.B. Anacharsis Clootz.

Der in der Nähe der Stadt Kleve , im Familiensitz Schloß Gnadenthal ,geborene Baron Johannes Baptist Hermanus Maria Cloots war für Beuys neben Johann Moritz von Nassau-Siegen die zweite wichtige Identifikationsfigur aus der Geschichte der Stadt Kleve. Das Schloß kannte Beuys seit seiner Kindheit. Cloots wurde als gühender Redner in der Französischen Revolution bekannt. Durch die Vehemenz seiner Forderungen, seine Sprachgewalt und seine Standfestigkeit übte er als Figur eine starke Faszination auf Beuys aus.

Da sich Cloots über die Interessen der französischen Bürger hinaus für die Belange aller Völker einsetzte, nannte man ihn in Paris den >Redner des Menschengeschlechts<. Durch das Ablegen seines Taufnamens und die Änderung seines Rufnamens in Anacharsis betonte der Baron die Bedeutung der Revolution, die für ihn dem Beginn einer neuen Existenz gleichkam. Cloots vollzog damit einen radikalen Bruch mit seiner Heimat, in der er fortan als Gotteslästerer und als Inkarnation des Teufels galt. Seinen neuen Vornamen entnahm er dem 1788 erschienenen, Reiseroman 'Voyage du Jeune Anacharsis en Grece' des französischen Schriftstellers Jean-Jacques Barthelemy. Der Roman schildert die Abenteuer des jungen Skythen Anacharsis, der nach Griechenland reist, um sich dort mit den Vorzügen der hochstehenden hellenistischen Kultur vertraut zu machen.

Die Romanfigur steht für die im 18. Jahrhundert von Johann Joachim Winkelmann begründeten Griechenlandbegeisterung. Gleichzeitig knüpft sie an die moralisierenden Schriften eines Jean-Jacques Rousseau an.

Was für den Romanhelden Athen ist, ist für den Klever Baron Paris, ein Ort der Verwirklichung von Menschheitsidealen. Es fällt nicht schwer zu verstehen, warum Beuys, der Zeit seines Lebens in seiner Heimatstadt nur wenig Anerkennung fand, sich mit einer solchen Persönlichkeit identifizierte und durch die Verschmelzung ihrer beider Namen zu 'JosephAnacharsis Clootsbeuys' unterstrich.

Beuys erwies dem Revolutionär in verschiedenen Werken seine Reverenz: Der erste Beleg für seine weitgehende Identifikation mit dem 'Redner des Menschengeschlechts' findet sich in dem 1958 geschaffenen Aquarell 'T-Kreuz', welches Beuys zweimal mit dem Schriftzug 'Anacharsisbeuyscloots' und einmal mit 'Clootsanacharsis-beuys' versah.

Bei der im Jahr 1972 im Rahmen der in Rom stattfindenden Ausstellung Arena - Dove sarei arrivato se fossi stato intelligente' gehaltenen Lesung mit dem Titel 'Anacharsis Cloots' trug Beuys aus einem von Carl Richter verfaßten Buch über das Leben des Revolutionärs vor : 'Anacharsis Cloots. Ein historisches Bild aus der französischen Revolution von 1789'.

Die Lesung verdeutlich, daß die Affinität für diese starke Persönlichkeit nicht allein aus der gemeinsamen Herkunft vom Niederrhein resultiert, sondern daß Beuys in Cloots auch ideologische Anknüpfungspunkte finden konnte. In den Schriften von Anacharsis Cloots stieß Beuys auf Modelle für die eigenen Vorstellungen von einer 'direkten Demokratie durch Volksabstimmung'. Cloots war für ihn der erste, der eine wirkliche Theorie der Demokratie entwickelte. In einen Uniformmantel gekleidet, machte Beuys zum Abschluß der Lesung in Rom drei Verbeugungen, eine nach vorn, eine nach links und eine nach rechts, so wie es Cloots kurz vor dem Besteigen der Guillotine getan haben soll.

vergleiche dazu den Text von Simone Scholten in Joseph Beuys >Straßenbahnhaltestelle< Ein Monument für die Zukunft ,Kleve ,2000 , darin Simone Scholten ab S.48ff über J.B. Anacharsis Clootz

 


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