Ewald Matare (1887-1965)

Bildhauer, Holzschnitzer, Aquarellmaler


1887 geboren in Aachen-Burtscheid
1905 Privatunterricht bei dem Bildhauer Karl Kraus und dem Maler Eugen Klinkenberg bei Aachen
1907 Malereistudium in Berlin bei Julius Ehrentraut
1914 Schüler von Lovis Corinth
1915 Meisterschüler von Arthur Kampf
1918 Mitglied der 'Novembergruppe' in Berlin
1919 erste öffentliche Aufträge, u.a. für Kriegerdenkmäler
1920 Sommeraufenthalt auf der Nordseeinsel Wangerooge, erste Holzschnitte, fortan bevorzugte sommerliche Aufenthalte an der Nordsee und Ostsee und in Italien
1922 erste freie Plastiken
1924 Italienreise, erste Aquarelle
1932 Berufung an die Staatliche Kunstakademie Düsseldorf, Übersiedlung in das niederrheinische Büderich
1933 Entlassung aus dem Lehramt, zurückgezogenes Leben und Arbeiten in Büderich
1937 Abstempelung als 'entarteter Künstler', kleinere kirchliche Aufträge
1945-1957 Übernahme einer Bildhauerklasse an der Kunstakademie Düsseldorf, nach dem Krieg große staatliche und kirchliche Aufträge, die Matare international bekannt machen
1965 Tod in Büderich



Ewald Matare wurde in Aachen-Burtscheid im Jahre 1887 geboren war einer der bedeutendsten Bildhauer der klassischen Moderne im Rheinland. Er starb im Jahre 1965 in Büderich bei Düsseldorf. Sein Leben lang war er ein einfacher, bodenständiger Mensch aus dem linksrheinischen Raum, der sich nicht viel um Ruhm und Kunstmarkt scherte. Bezüge seines Werkes finden sich zu Franz Marc, Paul Klee , aber auch zu vorgeschichtilichen Stilen in der Nutzung des Dekors als Ausdrucksmittel. An die Düsseldorfer Kunstakademie wurde er 1937 erstmals auf Drängen von Paul Klee berufen, bevor ihn die Nazis aus dem Amt entfernten. In den Jahren zwischen 1947 und 1960wurde er durch seine Tätigkeit als Lehrer an der Düsseldorfer Kunstakademie für seine Schüler u.a. Heerich, Haese und Beuys zu einer wichtigen künstlerischen Orientierung. Von den Nazis war er als undeutsch aus dem Lehramt an der Düsseldorfes Kunstakademie entfernt worden und lebte vor seiner Widerberufung an die Akademie nach dem 2ten Weltkrieg rückgezogen im linksrheinischen Büderich. Erst durch zahlreiche öffentliche Aufträge nach dem Kriege (u.a. entwarf er die Türen am Südportal des Kölner Domes) wurde er zu einer bekannten Figur der rheinischen Kunstszene.

Folgender Text entstammt einem Flyer der Museums Kurhaus Kleve, 2003 : Ewald Matares Verbindung zu Kleve, Beuys Heimatstadt geht auf das Jahr 1934 zurück, als Matare als einen der ersten monumentalen Aufträge die Figur eines gefallenen Soldaten für das dortige Kriegerdenkmal schuf. Von den Nationalsozialisten 1938 entfernt und zerschlagen, wurde die Figur 1977 wiedergefunden, restauriert und 1981 vor der Klever Stiftskirche wieder aufgestellt.

Die Geschichte dieses sogenannten 'toten Kriegers', der wieder aus der Erde geborgen werden mußte, spiegelt das Schicksal des Künstlers Matare wieder: seine Anfänge im Berlin der zwanziger Jahre, in der revolutionären, nach Erneuerung und Entakademisierung der Kunst strebenden 'Novembergruppe', die Abstempelung als 'entarteter Künstler' und die Entfernung aus dem Lehramt, die Rehabilitierung und Wiederentdeckung seines Werkes nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach einer für den Künstler schwierigen Zeit während des Nationalsozialismus, in der er kleinere Aufträge für rheinische Kirchen ausführt, ist Matare in der deutschen Kunstszene der Nachkriegszeit mit vielen öffentlichen und kirchlichen Aufträgen präsent. Dazu gehören als berühmteste Arbeiten die Kölner und Salzburger Domtüren (1947-1954 und 1956-1958), das Westfenster des Aachener Domes (1952-1954) und die Türen der Friedenskirche in Hiroshima (1953-1954).

Ewald Matare war Künstler in umfassender Art, das zeigen die verschiedenen Techniken, in denen er sich ausdrückte:"Nicht der Holzschnitt, nicht das Ölbild, nicht das Aquarell, noch die Plastik ist es, worauf es ankommt, sondern auf mein Verhältnis zu Natur, bedarf ich da irgendeines Materials, werde ich das erste Beste nehmen, was mir zur Hand liegt, und meine Arbeit wird gut werden", so schrieb er 1926 in sein Tagebuch. Zu dieser Zeit hatte er nach Malereistudien in Aachen und Berlin die klassische zwei-dimensionale Ölmalerei bereits aufgegeben und sich für die Plastik entschieden. Matare entwickelte früh seinen eigenen Begriff von Plastik, der fortan sein Werk bestimmte: nicht das klassische Verständnis aufgrund einer festgelegten 'Ansichtigkeit' ist ausschlaggebend, sondern die haptische Erfahrung einer Plastik. Matare schreibt:"ich proklamiere für mich und auch außerhalb das Betasten, das Fühlen als das Primärste bei der Gestaltung' (Tagebuch 1947). Daher sind seine Plastiken von einer geschlossenen, in sich ruhenden Form bestimmt, strahlen in ihrem stillen Charakter Endgültigkeit und Absolutheit aus.

Matare bevorzugte für seine meist kleinformatigen Skulpturen natürliches und edles Material, mit Vorliebe Holz, dessen Kostbarkeit er oft durch eine polierte Oberfläche unterstrich und das die Hand zum Ertasten seiner Skulpturen auffordert. Seine Maxime war 'mit dem Material denken und empfinden'.

Den Holzschnitt entdeckte Matare 1920 während eines Sommeraufenthaltes auf der Nordseeinsel Wangerooge für sich. Er nimmt in seinem Werk seitdem eine besondere Stellung ein. Viele seiner Zeitgenossen arbeiteten in dieser Technik und nutzten den ihr eigenen Charakter der urtümlichen Kunstäußerung. Der Linienreiz des in der Natur vorgefundenen Materials, bei Ewald Matare ist es das 'Vogeltrittholz', an die Strande der Nord- und Ostsee gespült, geht in die Bildfindung ein. Von Matares Hand entstehen hunderte solcher direkt, ohne Vorzeichnung in das Holz geschnittene Landschaften, Tierzeichen oder Porträts, die ihre Entstehung dem spontanen Formwillen verdanken und die von der immer wieder neuen Auseinandersetzung des Künstlers mit 'seinen' Themen zeugen. Der elementare, der Fläche verbundene Charakter der Graphik, der Strukturen offenlegt, fasziniert Matare: 'So gehe ich in meinen Holzschnitten, die ihrem ganzen Wesen nach auf schwarz und weiß, auf Ja oder Nein, auf entweder oder eingestellt sind, zunächst auf das große Ziel des Zusammenhangs der Dinge untereinander ein."

Seine Aquarelle und Zeichnungen hielt Matare Zeit seines Lebens weitgehend unter Verschluß. Er sah sie als Fundament für das plastische Arbeiten und zur Klärung des Formgefühls.

Im Aquarell hat sich Matare fast ausschließlich der Landschaft gewidmet. Das Landschaftserlebnis steht am Beginn des Schaffensprozesses. Er beschreibt es selbst als "sich mit der Schöpfung eins fühlen". Landschaftsaquarelle sind mit den Augen des Bildhauers gesehene Baumgruppen, Hügel, Häuser als verdichtete, abstrahierte Körper, eingebunden in eine sie umgebende Struktur. Hinzu kommt die Suche nach der 'richtigen', der reinen Farbe, die mit dem Charakter der Natur verwachsen ist. In die südliche liebliche Landschaft um Positano denkt sich Matare ebenso hinein wie in die Einsamkeit der nordischen Küste oder die stille niederrheinische Idylle in Büderich: 'strebe ich doch nach nichts mehr, als meine Gefühle vor der Natur geklärt und leicht aus meinem Inneren zurückzuwerfen' (Tagebuch 1925).

Ewald Matare bezeichnete plastisches Arbeiten als einen Prozess der 'Rekognoszierung', des Wiedererkennens, einer der Natur innewohnenden Struktur. Es ist der alte Prozess der 'Befreiung' der Figur aus dem Material, wie es schon Michelangelo formulierte. Diese Struktur, die Matare im Ornament, Zeichen oder Idol einzufangen sucht, ist das Grundthema seines Werkes. Die Landschaft, die Tiere, Kühe, Pferde, Hühner, Katzen, denen der Künstler auf seinen Reisen oder in seiner Büdericher Idylle begegnet und die er studiert, spielen die Hauptrolle in seinem Werk. Er erhebt sie zu 'Tierzeichen', abstrahiert sie zu einer 'wesentlichen' Form mit Allgemeingültigkeit und führt sie damit an den Ursprung der Schöpfung zurück, der 'verschütteten Vorstellungswelt zwischen Geschöpf und Gesamtschöpfung' (Tagebuch 1947).

Das Werk Ewald Matares bleibt bei aller Abstraktion mit der Natur verwoben. Das Museum Kurhaus mit seiner Einbettung in die Landschaft als ein Dialog zwischen Kunst und Natur ist daher ein idealer Ort für seine Präsentation. (Ende)


Matares Gestaltungsdrang richtet sich auf die gattungsmäßige Darstellung des Motives, das Motiv zu einem Zeichen machen, das will er. Den Abstarktionsweg vom Individuellen zum Gattungsmäßigen verfolgt er dabei nicht willkürlich, sondern vertritt die Auffassung , dass die Abstaktion aus der Natur genommen werden muß. " Meine Aufgabe ist, zu zeigen, dass die Abstraktion aus der Natur genommen sein muss" .Er bezieht sich auf Dürer in der Meinung daß die Kunst aus der Natur zu reissen ist, sie sei darin nur versteckt. In der zeichenhaften Verdichtung will er das ursprüngliche Wesen des Motives- meistens Tier ( Kuh, Hahn,Schaf, ) religiöse Motive (Jesus,Maria, Heilige) und Landschaft - offenlegen.

Matares intensive Beschäftigung mit dem Tier als Motiv prägt die Vorstellung von seinem Schaffen. Und auch in späteren Werkphasen bleibt sie von eminenter Bedeutung für Matares Denken und Arbeiten. Es ging es ihm stets darum, sein Motiv als ein Geschöpf zu sehen, das sein Verhältnis zum Ganzen sucht. Fragen nach der wesenmäßigen Verklammerung und Sinngebung des Einzlenen sieht er nur im gößeren Zusammenhang, als Stück eines größeren Ganzen erlebt,".. er ist eine Strahlenbrechung in einem Prisma." (Tagebuch) . Dieses will er formal darstellen. Diese Vorstellung nimmt Beuys als roten Faden auf, ebenso Matares Vorstellung von Materialumgang und Sparsamkeit der Mittel. Effekthascherisches war Matare ein Greul.

Literatur :

Information und Bestellungen über den FIU-VERLAG

 

Links: Museum Kurhaus Kleve